12 von 12 – September
Schon wieder der 12. und dann auch noch ein Sonntag. Das ging mir heute Morgen beim ersten Kaffee des Tages durch den Kopf. Sonntag. Sonntag ist doch „Ruhetag“. Was soll ich an einem Sonntag denn in Bildern erzählen. Jetzt, beim Abendkaffee, bin ich dann doch erstaunt, was alles in einen Sonntag rein passt. Ganz ohne Stress und in aller „Gemütlichkeit“ oder sollte ich besser sagen Spontanität, Impulsivität und das in aller Ruhe, einem Ruhetag angemessen. Jetzt, wo der Tag fast vorbei ist, frage ich mich, ob ich den Tag wie einen „normalen“ Sonntag verbrachte oder lebte ich diesen Tag hinsichtlich des Vorhabens an der Blogger:innen-Aktion 12 von 12 teilzunehmen. Ich denke, es ist so ein Mix. Ich fotografiere andere Sachen, die ich sonst nicht in den Fokus nehmen würde. Aber meistens will ich auch nicht meinen Tag in Bildern erzählen.
Im Grunde fotografiere jeden Tag, wenn ich etwas sehe, was mir ein Foto wert ist. Manchmal geht das gut, manchmal auch nicht. Ist ja heutzutage nicht mehr schlimm, wenn ein Foto nichts geworden ist. Dann
wird es eben wieder gelöscht. Die Kosten sind im Vergleich zu früher ja eher minimal. Heute muss ich keine Filme kaufen, die Nächte nicht mehr im Fotolabor hocken. Wobei, wenn ich ehrlich bin, ich habe die Arbeit im Labor oft genossen. Die Stille, das Zählen der Belichtingssekunden und dann die gespannte
Erwartung. Sobald sich die ersten Schatten auf dem Foto zeigten wuchs die Erwartung. Oft war ich enttäuscht, wenn das Foto nicht die Qualität hatte, die ich haben wollte, aber wenn es doch mal geklappt hat, dann war das richtige Freude. Dann hatte ich etwas wirklich gutes geschaffen. Mit meinen Augen und meinem Herzen: das Motiv sehen; mit meinem Verstand: Blende und Belichtungszeiten festlegen; und im Labor mit meinen Händen: das Foto durch Entwickler und Fixierbad ziehen. (Übrigens sind meine Wunden an den Fingern nie wieder so schnell verheilt wie zu der Zeit, als diese ständig im Fixierbad rührten.) Heute nenne ich mein fotografieren nur noch selten fotografieren, es ist eher ein Knipsen und im Anschluss ein Ausprobieren, Herumspielen mit verschiedenen Apps zur Fotobearbeitung. Es ist komplett anders, aber irgendwie liebe ich es auch. Es ist auch ein herumprobieren, so wie das Sekundenzählen und das Spiel mit Blende und Belichtungszeit. Nur die Ergebnisse sind andere. Die Fotos in diesem Beitrag sind bearbeitet mit den Apps Canva, Polish, Background Eraser und Mosaic – nein, dass ist hier keine Werbung, ich nutze diese Tools alle in der kostenfreien Version. Heute habe ich viel mit Polish gespielt, mich faszinieren die beiden Tools Verwischen und Cartoon-Effekte.
Frühstück auf dem Balkon
Der Tag begann mit einem Frühstück auf dem Balkon. Ausgiebig mit Frau Nachbarin geschwatzt, die ganz stolz von ihrem klavierspielenden Enkelsohn berichtete. Normalerweise fährt sie zu Konzerten und Wettbewerben im Raum Sachsen, Sachsen-Anhalt mit, aber aktuell fühlt sich die alte Dame nicht wohl (ja, manchmal mach ich mir richtig Sorgen um sie), so dass sie die Konzerte nur noch auf Video verfolgen kann. Die Videos nimmt ihr Sohn während des Spiels vom Enkel mit dem Handy auf. Frau Nachbarin freuts und so saß sie heute morgen mit dem Handy in der Hand auf dem Balkon.
Entrümpeln und Aufräumen
Nach dem Frühstück ging es zur Sache. Ein Schrankviertel entrümpeln im Rahmen der September Challange von Aufräumcoach Uli Pauer.
In dem Zug habe ich dann auch endlich meine Wohnung aufgeräumt,
dazu konnte ich mich in den letzten Tagen nur mäßig motivieren. Wäsche waschen gehört bei mir übrigens auch in die Kategorie ungeliebte Tätigkeiten. Aber so ein ruhiger Sonntag verführt mich manchmal zu solchen Arbeiten.
Kochen und Podcast hören
Während ich meinen kürzlich beim Bauern in Machern erworbenen Kürbis zu Suppe verarbeitete, hörte ich Podcasts auf Spotify. Unter anderem Folge #42 von Regina Lehrkinds BuchWerkstatt. Ihr Interview mit dem kürzlich verstorbenen Autor Rainer Hahn, der so engagiert und zuversichtlich und voller Energie über seine aktuellen und die anstehenden Projekte spricht. Ich kannte weder ihn noch seine Arbeiten, doch die Themen über die er spricht, seine Art zu arbeiten wurden in dem Interview sehr deutlich. Ein Kämpfer für das Schöne, aber auch für Menschenrechte, gegen Rassismus und jede Art von Ungerechtigkeit. Danke an meine Kollegin Regina für dieses wunderbare Interview. Es trägt hoffentlich dazu bei, dass Rainer Hahns Arbeit nicht vergessen und seine begonnenen Projekte beendet werden.
Im Anschluss hörte ich Verena König – kreative Transformation, Traumatherapeutin und Coach. Ihre Arbeiten, egal ob Blog, Podcast oder Video, sind allesamt traumasensibel und trotz der durchweg ernsten und schweren Themen voller Lebenskraft, Humor und Optimismus. Ich höre
oft diesen Podcast, doch schon der Titel aktuellen Folge #159 Die Trauer um das nicht gelebte Leben, machte mich neugierig. Das ist ein Thema in meinem Leben, welches ich kenne und welches auch mich lange Zeit begleitete. Dieses „was wäre, wenn es in meiner Kindheit anders gelaufen wäre, wenn ich behütet und geliebt aufgewachsen wäre“ – so oft habe ich um die verpassten Chancen und Möglichkeiten getrauert, geweint, manchmal auch gewütet. Geholfen hat mir das alles nichts. An dem, was in der Vergangenheit passiert war, konnte/kann ich nichts ändern. Irgendwann fing ich dann an mir selbst aufzuzeigen, was ich aus dieser Geschichte gemacht habe, wie ich diese Überlebensinstinkte von damals genutzt habe. Ich bin neugierig, wissbegierig geworden, kann die Regungen und Emotionen anderer an ihrem Tonfall, ihrer Mimik und Gestik ablesen, weiß, wann wo noch etwas darunter liegt – was darunter liegt, weiß ich nicht, aber manchmal sind da Fragen ganz hilfreich – ich bin in vielen kritischen Situationen handlungsfähiger als viele andere Menschen, weil in diesen Situationen mein Instinkt für Lösungen und Auswege einsetzt. Was in der Podcastfolge von Verena König neu für mich war: das in der Trauer um das nicht gelebte Leben sich auch etwas ganz Wesentliches zeigt: die Verbundenheit und die Liebe zum Leben. Es ist so banal und einfach, aber ja: wenn ich nicht
verbunden bin und liebe, kann ich auch nicht trauern. Heißt, darin liegt auch Lebendigkeit. Um diese Erkenntnis reicher, machte ich mich auf den Weg zum Kleidercontainer, um die aussortierten Sachen einzuwerfen. Auf dem Weg dahin griff ich spontan zum Telefon und verabredete mich mit meiner Tochter auf einen Kaffee im Garten ihres Hofes. Die Enkeline spielte mit einem Nachbarkind, so dass uns Zeit blieb für ein Gespräch.
Schlendern durch Connewitz und Südvorstadt
Ich lebe inzwischen seit über 30 Jahren im Kiez, immer nahe der Grenze zwischen den Stadtteilen Connewitz und Südvorstadt. Viele der Straßenzüge könnte ich mit verbundenen Augen beschreiben und doch gibt es einzelne Ecken, mit denen ich mich ganz besonders verbunden fühle. Dazu gehören die Paul Gerhardt Kirche mit ihrem Glockenturm – manchmal wird er sogar für eine Besteigung geöffnet und das Werk II, dem ich mich noch immer verbunden fühle, auch wenn dies eher meinen Erinnerungen und der intensiven Zeit die ich dort verlebt habe, zuzuschreiben ist, als aktuellen Begegnungen im und mit dem Werk. Damals wohnte ich in der Simildenstraße, direkt an der Kirche und lief jeden Tag von dort ins Werk II. Ich mochte das stündliche Läuten der Glocken, es gab der Straße und dem Viertel etwas dörfliches inmitten der Stadt. Direkt gegenüber vom Werk steht die Südbrause. Als Kneipe mochte ich sie irgendwie nie wirklich, war mir immer zu laut und hektisch dort. Das Gebäude aber, ein altes Badehaus aus den 1890er Jahren, das mochte ich schon immer, auch als es noch ganz schäbig und verfallen aussah. Heute ist es fein saniert. Beide Gebäude schmücken Plastiken, die mir ausnehmend gut gefallen und bei deren Anblick ich jedesmal Freude empfinde.
Tanzend in den Abend
Meinen Spaziergang beendete ich in der Eisdiele auf der Karli – Ecke Hardenbergstraße. Die kam schon mal an einem 12. im Artikel vor. Heute gab es je eine Kugel salziges Karamel und After Eight plus einen Klecks Eierlikör. Lecker wars 🙂 und ich habe dabei das Treiben auf der Karli beobachtet und dabei wieder einmal festgestellt, dass Leipzig eine echt kinderreiche Stadt ist. In der Luft flirrte es von all dem Geschrei, Gelächter, Gebettel, Geningel und Gesang. Ich mag das sehr. Meistens. Manchmal ist es mir zu viel, aber das sind dann eh die Tage, an denen ich mich misanthropisch in meiner Wohnung verbarrikdaiere und versuche die Welt auszusperren. Aber über diese Phasen und wie ich da wieder rausfinde, werde ich ein anderes Mal schreiben.
Zu Hause angekommen fiel mir auf, mir fehlt noch ein Bild für meinen Artikel. Doch das einzige Vorhaben – außer diesen Blogbeitrag zu schreiben – war tanzen. Mich selbst beim Tanzen fotografieren -wie peinlich. Aber ich habe ja gelernt, immer mal etwas neues wagen. Ich suchte mir also ein paar Videos von Banda Comunale raus – die in diesem Jahr übrigens 20 Jahre alt geworden sind und aktuell ein neues Album namens „Klein ist die Welt“ herausbringen (dürft ihr gern unterstützen, ist ein sehr feines Projekt). Die Musik lief, die Fernbedienung der Kamera lief und ich tanzte los. Hat Spaß gemacht, aber kichern musste ich auch dabei.
Vielen Dank an die Ideengeberinnen Judith von Sympatexter und Caro von draußennurkaennchen. Auf Caros Seite findest du übrigens noch viel viel mehr 12 von 12 Beiträge.
Vielen Dank für Lesen und Anschauen!
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