5 Fragen – 5 Antworten: reflectandlearn KW 18 bis 20
In den letzten Wochen spüre ich, dass etwas in mir in Bewegung ist, was ich bislang nicht so recht zu fassen bekomme. Das merke ich auch an der Schreibzeit für reflectandlearn. Obwohl ich das Format sehr mag, gelingt mir die Regelmäßigkeit nicht. Ich bin gespannt, wohin die Reise mit mir geht. Aktuell habe ich ständig das Gefühl, etwas zu verpassen. Nur habe ich keine Idee davon, was das sein könnte, was ich da verpasse – außer, dass ich das Naturschauspiel des Sonnensturms verpasst habe. Also bleibt mir wohl doch nur, im Winter in den Norden zu reisen, denn einmal die Nordlichter sehen, ist einer meiner Träume.
Auch wenn es mit der Regelmäßigkeit bisher nicht so klappt, wie ich mir das vorstelle, dieses Format ist mir wichtig. Zu oft noch fällt es mir schwer, mich daran zu erinnern, was vor einem Monat war, da ist dies eine wunderbare Erinnerungshilfe für die dunklen Momente, wenn mich mal wieder das Gefühl übermannt, ich habe doch nichts erlebt. Doch habe ich, und zwar jeden Tag. Hier also mein reflectandlearn KW 18 bis 20.
🏆 Was war mein Highlight? #hurraderwoche
KW 18 – grüne Mittagspause
Mein Highlight dieser Woche, war eine lange Mittagspause, in der ich einen Spaziergang durch die Felder in Wüstrich bei Grimma machte. Ich ging bewusst langsam und sog die unterschiedlichen Grüntöne der Landschaft in mich auf. 17 verschiedene Varianten von Grün habe ich entdeckt und nach dem halbstündigen Spaziergang fühlte ich mich zutiefst befriedet und glücklich.
KW 19 – Treffen mit Freundin
Nach Monaten, in denen wir uns nicht gesehen haben, traf ich meine Freundin Kristina. Stundenlang auf dem Balkon hocken, miteinander reden, Wein trinken und an Themen anknüpfend, als hätten wir erst gestern unser Gespräch beendet. Es liegt so ein tiefes Einverständnis in unserem Miteinander, auch wenn wir ganz sicher nicht ständig einer Meinung sind, verbindet uns eine große Akzeptanz und Liebe zu den unterschiedlichen Varianten des Seins.
KW 20 – Wochenende mit Andreas
Mein Hurra der Woche war definitiv das Wochenende mit Andreas. Es ist schwer, in einer Fernbeziehung über drei Wochen den Kontakt über Video-Telefonie aufrechtzuerhalten. Wenn wir beide stark mit Terminen eingeschränkt sind, verkommt das ein oder andere Telefonat schon mal zum reinen Informationsaustausch. So groß die Freude, wenn wir uns dann endlich wieder berühren und in die Augen schauen und ausgiebig miteinander sprechen.
🎯 Was war mein größter Erfolg?
KW 18 – Teamklima harmonisiert
Mein größter Erfolg dieser Woche war die Teamsitzung mit den Kolleg:innen der WG Walter. Aufgrund der Kündigung eines Kollegen kam es zu etwas Unruhe und Verunsicherung im Team. Wir sprachen die Punkte offen an – Überforderung aufgrund von zu vielen Aufgaben, Unzufriedenheit mit den Strukturen in der Jugendhilfe, eine nicht täglich in der WG präsente Leitung, die von den Kolleg:innen erforderliche Flexibilität, die in auch in ihre Freizeit eingreift. Wir schmiedeten ein paar Pläne, zum Beispiel über ein Teamevent. Insgesamt wurde die Stimmung zunehmend entspannter.
KW 19 – Überarbeitung Hygienekonzept
Ich gebe zu, es gibt Aufgaben, bei denen ich heftig prokrastiniere. Eine davon war die Überarbeitung des Hygienekonzeptes für die WG. Nicht falsch verstehen, Hygiene ist wichtig und wird bei uns ernst genommen. Die Pläne allerdings verstauben in den Regalen. Gefühlt werden sie geschrieben, weil es ein Amt gibt, welches diese Pläne einfordert. Ohne Hygieneplan gibt es keine Erlaubnis, eine WG zu eröffnen. Selbiges Amt fordert eine regelmäßige Überarbeitung des Planes. Ein Erfolg ist es für mich, weil ich mit der Überarbeitung den Fortbestand der WG sichern kann.
KW 20 – Landingpage Newsletter
Meine Webseite hat einen neuen Punkt im Menü – die Landingpage für den Newsletter. Die technische Umsetzung war für mich eine große Herausforderung. Für das Tool, mit dem ich arbeite – MailPoet – gibt es zwar Anleitungen, doch diese sind mit so vielen technischen Begriffen gespickt, dass ich regelmäßig ChatGBT als Übersetzer nutze. Schritt für Schritt habe ich mich durch die Anleitung gequält, doch jetzt kann ich voller Stolz verkünden: Die Anmeldeseite für meinen Newsletter steht und funktioniert.
🤔Was hat mich nachdenklich gemacht?
KW 18 – zu mir stehen
Über meine Blogbeiträge finden Menschen zu mir, die gezielt mit dem Thema Aufarbeitung der Auswirkungen von Kindheitstraumata zu mir kommen. Immer wieder ertappe ich mich dabei, mir den Druck zu machen, dass das noch mehr Menschen werden dürfen. Doch das stimmt nicht. Ich habe die Kraft und die Energie, mit 5-10 Menschen gezielt an diesen Themen zu arbeiten – jedoch nicht mehr als 4 Termine in der Woche. Alle anderen Stimmen in mir, die mir erzählen, das müsse mehr werden, sind die Tentakel von Arbeitssucht, Selbstignoranz und einem nach Anerkennung rufenden Ego, die zu mir gehören. Die dahinter liegenden Bedürfnisse wollen wahr genommen und befriedet werden. Deshalb bin ich froh, wenn ich diesen Druck in mir verspüre, dann weiß ich „Achtung, hinschauen!“.
KW 19 – Selbsterfahrung
Fünfmal im Jahr nehme ich in Dresden an einer Fortbildung teil zum Thema „Funktionales Untergruppieren“ – was das ist, findest du in diesem Video verständlich erklärt. Diese Fortbildung ist eine Hardcore Selbsterfahrung. Nirgends sonst schnellen alte Schutzmuster so schnell hervor, wie in einer Gruppe. In jeder Gruppe treffen Menschen aufeinander, die unterschiedlich sind und sich gleichzeitig über die ein oder andere Gemeinsamkeit mit anderen verbinden. Sogenannte Untergruppen. Was mich nachdenklich gemacht hat, wie schnell wir alle in uns Bilder und Gedanken zu den anderen im Kopf haben und wie wichtig es ist, diese durch gezieltes Nachfragen zu überprüfen. Tue ich das nicht, bleibe ich gefangen in meinen Vorurteilen und den Gedanken über die andere Person, die mit der Realität wenig zu tun haben, sondern auf meine Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückgehen.
KW 20 – Politik
In den vergangenen Wochen häuften sich die Angriffe auf Politiker:innen. Ich finde das eine enorm beängstigende Entwicklung. Die AFD macht über ihre Rhetorik den Weg frei für eine Verrohung der Sprache. Mit ihrer Ausgrenzungspolitik billigt sie offensichtlich auch Gewalt gegenüber allen, die nicht auf ihrer Wellenlänge, der deutsch-nationalen Misogynie, schwimmen. Mich ängstigen auch die Millionen Menschen, die bereit sind, diese offensichtlich mit dem Rechtsextremismus mehr als nur liebäugelnde Partei zu wählen – in Ost und Westdeutschland. Meiner Meinung nach könnte dies dennoch eine Chance für uns alle sein: wenn wir als Gesellschaft akzeptieren, es gab diese Menschen immer, die dieses rechtsextreme Gedankengut in sich tragen. Wenn wir aufhören, so verwundert zu tun, angesichts dieser Zahlen und stattdessen das Stärken, wofür dieses Land einmal stand: den Aufbau einer wehrhaften Demokratie, die hinhört, die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nimmt und weniger auf meinungs- und parteipolitische Ränke setzt.
🤲 Was habe ich diese Woche für mich selbst getan?
KW 18 – Videotraining
In dieser Woche gab es einen Terminausfall. Ich nutzte die Zeit im Büro für ein Videotraining. Das heißt, ich habe ein paar Videos zu einem Thema aufgenommen und diese dann analysiert. Abgesehen davon, dass ich jetzt weiß, ich brauche dringend ein neues Stativ, ist mir auch einiges an meiner Körperhaltung aufgefallen. In eine Kamera zu sprechen macht mich nervös und wenn ich nervös bin, fahre ich mir häufig mit der Hand durchs Haar. Was ich sehr lustig fand, einfach weil ich es schon mehrfach bei Momo beobachtet habe: wenn ich nachdenke, schaue ich nach oben links.
KW 19 – Ausmisten
Diese Woche war trotz Feiertag einfach voll. Den Feiertag verbrachte ich damit, ein lange vor mir hergeschobenes Vorhaben umzusetzen: Ich habe meinen Kleiderschrank entkernt. Einfach aussortiert, was mir schon lange nicht mehr passt. Das war nicht leicht. Teilweise ungetragene bzw. kaum getragene Sachen, die mir richtig gut gefallen, aber leider nicht mehr passen, habe ich aussortiert. Erst, nachdem diese Arbeit erledigt war, spürte ich, wie gut mir das tut. Es ist, als wäre der Ballast quälender Gedanken gleich mit aussortiert worden. Ich belaste mich nicht mehr mit dem Gedanken daran, wie schlank ich früher war. Denn im Grunde fühle mich wohl in meinem Körper und akzeptiere, dass er sich verändert hat. Mein Kleiderschrank akzeptiert das jetzt auch 🎉.
KW 20 – Langeweile üben
Am Dienstag war ein freier Tag für mich, meint frei von Terminen. Sofort kamen die Gedanken, was ich denn an diesem Tag alles erledigen könnte: Aufräumen, weiter Schränke ausmisten, Büroarbeit, ein Weiterbildungsvideo ansehen, einen Blogartikel schreiben. Ich horchte in mich hinein uns beschloss, meiner Sehnsucht zu folgen. Meine Sehnsucht wollte einen Tag ohne will, soll, muss. Sie wollte einen Tag, an dem ich mich langweile. Schwierig für mich, denn Langeweile kommt bei dem Pensum, welches ich mir immer wieder auflade, kaum vor. Ich habe es verlernt, mich zu langweilen. Es ist eine echte Herausforderung. Mit der Langeweile kommt die Unruhe und diese will ich nicht spüren. Deshalb lerne ich jetzt, die Unruhe anzunehmen und der Langeweile Raum zu geben.
❤️ Wofür bin ich dankbar?
KW 18 – Offenheit
Ich bin den Menschen, mit denen ich arbeite, dankbar für die Offenheit, mit der sie mir, einer an sich fremden Person, begegnen. Ich spreche bewusst nicht von Vertrauen, weil sich dieses, wenn alles gut läuft, erst im Rahmen der Zusammenarbeit entwickelt. Die Offenheit hingegen ist für erfolgreiche Veränderungen eine Grundvoraussetzung. Offenheit meint nicht, mir alle Geheimnisse bis ins kleinste Detail zu schildern, sondern meint, mir offen Grenzen zu zeigen, wenn ich in eine im Moment nicht passende Richtung laufe, unbewusst eine Grenze überschreite oder überfordere. Häufig fällt gerade dies meinen Klient:innen in ihrem Alltag schwer, doch sie üben es in der Zusammenarbeit mit mir. Offenheit meint auch, sich Themen ihres Lebens anzuschauen, die unangenehm sind – Selbstbilder und Glaubenssätze zu offenbaren, für die sie sich schämen. Für unsere Zusammenarbeit ist genau dies ein Geschenk und dafür bin ich dankbar und sage ihnen dies auch.
KW 19 – Vertrauen
Mich erfüllt eine tiefe Dankbarkeit gegenüber Helene und Felix, dass sie mir so regelmäßig Momo anvertrauen. Ich erlebe es in meinem Arbeitsalltag so häufig, dass erwachsene Kinder ihre Kinder lediglich stundenweise ihren Eltern anvertrauen oder der Kontakt zwischen Kindern und Großeltern nur im Beisein der Eltern stattfindet. Es ist für mich keine Selbstverständlichkeit, dass die beiden es Momo und mir ermöglichen, so eine innige Beziehung zueinander aufzubauen, wie wir sie haben. Wir haben miteinander Rahmenbedingungen ausgehandelt – wenig Zucker, nicht übermäßig Filme glotzen – mehr Beschränkungen gibt es nicht. Im Gegenzug erwarte ich Informationen, wenn sich an der Tagesgestaltung von Momo für den nächsten Tag etwas ändert, damit ich sie darauf vorbereiten kann. Dass wir das so miteinander können und ich mit Momo jede Woche Zeit verbringen darf, macht mich dankbar, denn es ist eine wöchentliche Portion Glück für mich.
KW 20 – Bewegung
Meinem Körper bin ich dankbar. Ich habe ihm in meinem Leben viel zugemutet: Waschzwang, Nikotin, ungesunde Ernährung. Habe ihm viele Jahre abverlangt, dass er funktioniert, mich trägt, schlank ist. Ich bin Wettkämpfe ohne vorheriges Training gelaufen und habe ihm erst nach Zieleinlauf gestattet zusammenzubrechen. Lange Zeit habe ich meinen Körper gehasst, ihn als Verräter beschimpft, je fraulicher mein Körper sich entwickelte. Ja, ich kann sagen, ich habe lange Zeit meinen Körper vernachlässigt, ihn als lästiges Übel angesehen. Heute bin ich ihm sehr dankbar dafür, dass er mich immer noch trägt und ich gesund bin. Meine Dankbarkeit zeige ich, in dem ich viel mehr darauf achte, was ich ihm zumute und ich mich, obwohl ich ein Bewegungsmuffel bin, jetzt wieder zum Muskelaufbautraining angemeldet habe. Heute weiß ich, was mein Körper für mich leistet und ich will ihm nicht mehr allein die Aufgabe überlassen, für meine Gesundheit zu sorgen.
Aufstehen und in Würde strahlen!
Du möchtest meinen Blog unterstützen?Das hat dir gefallen?
Mit einem Kommentar, einer Weiterleitung oder Verlinkung
unterstützt du meine Arbeit und meinen Blog.
Ich danke dir dafür!
Danke an Kerstin Salvador, auf deren Blog ich #reflectandlearn zum ersten Mal bewusst las und an Maren Martschenko die dieses Tool der Selbstreflexion bekannt machte.
Liebe Marianne, was für eine Ehre, deine Gesellschaft beim Frühstück zu sein! Danke für deine Rückmeldung. Liebe Grüße Sylvia
Liebe Heike, das freut mich sehr, dass du dich so in meinen Worten wiederfindest. Ja, das hat mich selbst überrascht, dass mit der Ruhe, die Unruhe kam. Da weiß ich jetzt, was ich in der nächsten Zeit üben darf. Liebe Grüße Sylvia
So liebe Sylvia heute warst du meine angenehme Gesellschaft beim Frühstück 😉 auf insta hab ich deine Story entdeckt und beschloss ach den Atikel les ich jetzt. GUTE ENTSCHEIDUNG.
Danke für diese so ehrliche Reflexion. Dieses Format kannte ich noch nicht. Du hast eine so wunderbare Art zu schreiben, die einen einfach mitnimmt in dein Leben und mitfühlen lässt.
Ich kann alles so gut nachvollziehen, was du beschreibst. Dass du dein Herz so weiten kannst ist wundervoll! Für das Leben, die Natur, deinen Job, deine Klienten, deine Kollegen, die Natur, deine Familie, deine Enkelin im Besonderen. Sehr sympatisch und verbindend. Gute Zeit Marianne
Liebe Sylvia,
ich habe ein wenig gebraucht, um das System von reflectandlearn zu verstehen. Was für ein schöner Ansatz: fünf Fragen und fünf Antworten. Danke, dass du so offen und ehrlich schreibst. So persönlich und nah. Ganz unverblümt. Das gefällt mir sehr. Ich erkenne mich in so einigem wieder: die Technik, die eine Herausforderung ist. Aufschieben von dem, was ich nicht so gerne mache. Körpermißbrauch und Überforderung. Und auch ich bin dankbar, dass mein Körper mir das verziehen hat und mich froh durch mein Leben trägt. Dankbarkeit und Vertrauen, mit den Liebsten. Die Sehnsucht nach einem freien Tag und die Langeweile, die dann doch Unruhe mit sich bringt. … So ich höre auf.
Danke dir für die schönen Einblicke und mein mich darin spiegeln können.
Herzlich
Heike