Monatsrückblick September 2024 – Zeitspiel

Mein September 2024 in einem Zitat zusammengefasst:

Manchmal scheint es, als laufe die Zeit uns davon, aber vielleicht sind wir es, die uns zu sehr beeilen.
— Simone de Beauvoir

Im September 2024 musste ich mir wieder einmal eingestehen, dass ich die Zeit nicht überholen kann. Je schneller ich laufe, desto schneller scheint die Zeit zu laufen. Das ist ein echt mieses Gefühl, der Zeit hinterherzurennen und dabei zu wissen, ich werde immer zu langsam sein. Im Moment des Begreifens erfasst mich eine tiefe Resignation. Meine unwillkürliche Reaktion, auf die ich keinen Einfluss habe. Doch in dem Moment, indem ich verstehe und akzeptiere „ach da bist du ja wieder“, dass diese Resignation in mir wirkt, werde ich wieder handlungsfähig. Denn in diesem Moment weiß ich, ein Teil in mir ist resigniert, fühlt sich leer und ausgebrannt und ich kann die Verantwortung dafür übernehmen, dafür zu sorgen, dass er sich regenerieren kann.

Konkret sah das im September so aus, dass ich von der langen Zeit der ungewissen Wohnsituation, dem dann doch stattfindenden Umzug erschöpft war. Ich hatte über Monate hinweg alle Bälle in der Luft: mich selbst regulieren, meinen Vollzeit-Job in der Jugendhilfe, meine Coaching-Klient:innen, Zeit für meine Lieben, die Traumatherapie-Fortbildung, das Bloggen. Ich war ständig mies gelaunt und traurig. Das brauchte Veränderung und mehr Zeit für mich. Im September reduzierte ich: keine Fortbildung, nur wenig Bloggen und auch die Termine mit meinen Coaching-Klient:innen habe ich eingeschränkt. Intensiviert habe ich die Zeit, die ich mit mir allein verbringe, die Zeit in der Natur, und die Zeit mit meinen Lieben. Langsam kehrt meine Energie zurück und die Freude am Dasein ebenfalls. Dieser Monatsrückblick September 2024 ist eine Zusammenfassung all dessen, was für meine Erholung und Regeneration hilfreich war und ist.

Tiere beobachten

Neben der Reduktion von selbstverpflichtenden Aufgaben widmete ich mich im September 2024 manchmal bewusst, manchmal unbewusst der Beobachtung von Tieren. Das ist etwas, was sich in meinem letzten Lebensjahrzehnt weiter ausgeprägt hat: Wann immer mir Tiere begegnen, werde ich ganz still, versinke in der Betrachtung und freue mich über die Begegnung. Wenn ich daran denke, zücke ich mein Handy und fotografiere. Oft denke ich nicht daran, so fasziniert bin ich von der Begegnung. Während der Tierbeobachtung passiert viel in mir, das oft unbewusst abläuft.

Über die Beobachtung der Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum stärke ich meine Verbindung zur Natur. Das hat für mich eine beruhigende und erdende Wirkung. Außerdem gerate ich in einen Zustand der Achtsamkeit. Meine volle Aufmerksamkeit richtet sich auf das Tier, seine Bewegungen, Geräusche und Interaktionen. Das hat für mich etwas sehr Meditatives und gleichzeitig bin ich sehr präsent. Tiere beobachten zu dürfen, die in ihrer natürlichen Umgebung agieren, weckt in mir ein Gefühl der kindlichen Neugier und Freude. Es gibt immer etwas Unvorhersehbares zu entdecken: wie ein Wurm über den Boden schlängelt, was für erstaunlich schnarchende Laute ein Igel von sich gibt, mit welchem Vergnügen ein Vogel badet – egal, ob im Wasser oder im Sand. Dieses lebendige Treiben zu beobachten, erfüllt mich mit einem Gefühl von Ehrfurcht. Ganz nebenbei steigert sich mein Wohlbefinden und meine Zufriedenheit, wenn ich Zeugin dieses Unverfälschten, Schönen und Natürlichen bin.

Meine neuen Arbeitskollegen. Diese Tiere sind für eine Klientin Aufgabe, Trost, Vertraute, Freudebringer. Ich finde, sie leisten echt gute Arbeit.

Ein nächtlicher Besucher, schüchtern und scheu, dessen merkwürdige Grunzgeräusche mich erst einmal erschreckten.

Dragonfly (englische Bezeichnung für Großlibelle) in meinem Garten. Ein Schwergewicht mit zarten Flügeln.

Ausflug zur Blue Man Group im September 2024

Manchmal entwickeln sich aus langjähriger Zusammenarbeit auch freundschaftliche Beziehungen. Dieses Glück habe ich mit meinen Kolleg:innen Grit und Oli, mit denen ich seit 10 Jahren im WG-Kontext arbeite. Wir haben für uns entdeckt, dass es viel Freude macht, gemeinsam Veranstaltungen zu besuchen. Im September fuhren wir – unser Trio ergänzt durch Grits Mann Andreas – nach Berlin zur Blue Man Group. Ich hatte noch nie davon gehört und mich im Vorfeld auch nicht informiert, sodass dies für mich ein Überraschungsnachmittag im Bluemax-Theater war. Anderthalb Stunden, in denen die Akteure nur über Mimik und Körpersprache miteinander kommunizierten. So viel Körper- und Gesichtszüge-Beherrschung, musikalisches Talent und Humor, von all dem war ich schwer begeistert. Ich werde dort garantiert noch einmal hinfahren und mir eine andere Show ansehen. Die Blue Man Group war für mich eine echte Entdeckung.

Eingehüllt in Regenmäntel, da es in den vorderen Reihen durchaus einmal nass werden kann.

Ich frage mich, ob es mit so viel Farbe im Gesicht einfacher ist, keine Miene zu verziehen.

Nach der Veranstaltung waren wir vier beschwingt und gut gelaunt. Das trug auch während der gruseligen Rückfahrt mit dem Auto durch Berlin.

Ein neues Lebensgefühl 

Noch immer fühle ich mich, als würde ich einen Urlaubsort entdecken. Im September genoss ich die letzten Sommertage im Garten. Schon immer träumte ich davon, im Garten arbeiten, schreiben zu können. Viele Jahre wünschte ich mir eine Hängematte, jetzt weiß ich, wie sehr ich es liebe, in der Hängematte zu lesen, zu schreiben, zu schlafen. Auch die Umgebung erkunde ich. Da gibt es einen kleinen parkähnlichen Wald mit Seen, den zu umrunden eine halbe Stunde dauert. Genau die Länge für einen Spaziergang, wie ich es mag. Mich mit der Umgebung vertraut zu machen, hilft meinem Nervensystem, sich wieder zu entspannen. Genau darum ging es mir ja in diesem September.

Der Hof um den Mond (auch Korona genannt) entsteht durch die Brechung des Lichts an den Wassertropfen der Wolken, die es an diesem Abend in NK gar nicht gab.

Mein neuer Spazierweg für die schnelle Erholung.

Diesen feurigen Himmel habe ich kurz vor Neukieritzsch fotografiert. Die Aussicht ist ein Vorteil, wenn der Heimweg an vielen Feldern vorbeiführt.

Urlaub mit Momo im September 2024

Einmal im Jahr mit Momo auf Reisen gehen. Auch wenn es für mich „nur“ die Reise nach Hermeskeil zu Andreas ist, für Momo ist es eine richtige Reise an einen anderen Ort. Abenteuerlich, weil sie sonst nie mit dem Zug fährt. Sie liebt das Zugfahren und ich liebe das Zugfahren mit ihr. Mal schauen, wo es uns im nächsten Jahr hinzieht, denn Momo hat mir während unserer Reise verraten, dass sie sich eine Fahrt mit einem Doppelstockzug und eine Fahrt mit dem Nachtzug wünscht. Auf dieser Reise gab es zwei Dinge, die sich Momo wünschte: die Fische füttern in Andreas Teich und die Dinosaurier-Ausstellung besuchen, in der wir schon im vergangenen Jahr waren. Zusätzlich waren wir auch noch im Jardin des Papillons, einem Schmetterlingspark in Luxemburg.

Eindrücke von GONDWANA – Das Praehistorium

Natürlich locken in erster Linie die Dinosaurier.

Diese Show, im GONDWANA – Das Praehistorium, zeigt den letzten Tag der Dinosaurier vor dem Aufprall des Meteoriten. Die gesamte Ausstellung kann ich nur empfehlen.

Doch Gondwana hat noch mehr zu bieten. Die Ausstellung informiert auf interaktive Weise über die Entwicklung der Erde und des Menschen.

Eindrücke aus dem Schmetterlingspark „Jardin des Papillons“

Das hat mich im September beschäftigt: die Wahl in Sachsen

Noch nie hat mir vor einer Wahl so gegruselt, wie vor dieser Wahl am 1. September 2024. Bis nach 23 Uhr habe ich mich gescheut, in die Wahlergebnisse zu schauen. Das Wahlergebnis war erwartbar, dennoch habe ich, wie so viele andere Menschen, auf ein Wunder gehofft. Es ist nicht eingetreten. Die AFD hat über 30 Prozent der Stimmen von den Wahlbeteiligten erhalten, das BSW aus dem Stand 11,8 Prozent. Das tut weh und es macht Angst. Sie brüllen so laut, dass ihnen Unrecht getan wird, weil sie nicht sagen dürfen, was sie zu sagen haben, und dennoch kreischen sie es über jeden Marktplatz. All das scheint mir wie eine Inszenierung des Märchens „Des Kaisers neue Kleider“ und ist doch bittere Realität.

Ich weiß, nicht alle, die diese Parteien gewählt haben, sind stramme Nazis oder rechte Linke. Es sind darunter einige Menschen, die ich durchaus liebenswert finde, die aus mir unverständlichen Gründen diese Parteien für wählbar und für echte Alternativen halten. Das schmerzt umso mehr, weil dieses Wahlergebnis dafür sorgt, dass Menschen mit Migrationshintergrund, diversen Lebens- und Liebesformen und unerwünschten Religionen sich längst, außerhalb der sächsischen Städte, in Sachsen nicht mehr sicher fühlen.

Rechtes Gedankengut ist im Osten verbreitet, das weiß ich seit meiner Kindheit. Bin ich doch mit bewundernden Sprüchen wie „Das hätte es bei Adolf nicht gegeben“ aufgewachsen. Aber dass AFD und BSW die Gewinner der Wahl sind, schockt mich dennoch. Es scheint eine große Sehnsucht im Osten nach „Führung“ zu geben und nach 35 Jahren Wiedervereinigung ein Bedürfnis, die etablierten Parteien abzustrafen. Das Wahlverhalten erinnert mich an emotional vernachlässigte Kinder, die zu Beginn in Pflegefamilien ein paradoxes Verhalten zeigen. Statt die ersehnte Zuneigung und Aufmerksamkeit anzunehmen, wird abgewehrt, zerstört und ruiniert, was anderen wertvoll ist. Nur sind wir keine Kinder und in diesem Fall wird die Demokratie geopfert.

Was im Oktober 2024 ansteht 

  • 3 Blogartikel schreiben.
  • 3 Therapie-Abschlussberichte schreiben.
  • Für die Traumatherapieausbildung lernen.
  • Meine Freundin Kristina endlich wieder treffen.
  • Mit Momo Halloween in der WG Walter feiern.

Das habe ich im September 2024 gebloggt:

Gastbeitrag von Volker Wudtke „Von Geweihen und Geschäften“

Aufstehen und in Würde strahlen!

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2 Kommentare

  1. Sylvia Tornau 13. Oktober 2024 um 15:14 Uhr

    Liebe Angela, ja, genau so empfinde ich es auch. Es ist inzwischen mitunter sehr anstrengend, die positiven Dinge im Leben nicht aus den Augen zu verlieren und dabei die negativen Entwicklungen unter den privaten Teppich zu kehren. Es ist das Nebeneinander aller Entwicklungen, welches so schwer zu halten ist. Liebe Grüße, Sylvia

  2. Angela Carstensen 9. Oktober 2024 um 10:43 Uhr

    Liebe Sylvia,

    danke für den Einblick in deinen September! Deine Spazierrunde und überhaupt deine Naturphotos sind so toll 😀 Und diese Dinoausstellung hätte mich auch interessiert!

    Ich kann deine Gedanken zu den Landtagswahlen so gut nachempfinden, mich gruselt das auch sehr. Wir stehen da wie Kaninchen vor der Schlange und sehen der Demokratie beim Zerbröseln zu 🙁 Da muss ich mich echt konzentrieren, um auch die positiven Dinge im Leben nicht aus den Augen zu verlieren.

    Liebe Grüße
    Angela

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Hallo, ich bin Sylvia

systemische Therapeutin, Trauma-Coach und Bloggerin. Seit über 20 Jahren arbeite ich mit Paaren, Familien und Einzelpersonen daran, negative Kindheitsprägungen und frühe Traumata zu lösen und ein Leben voller Selbstvertrauen, innerem Frieden und emotionaler Stabilität zu führen.
Für ein erfülltes Leben in Verbundenheit.

Quietschfidel Wolken schaufeln
Mein Motto des Jahres 2024

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