Mein Jahresrückblick 2021 – Hakuna Matata oder mit dem Aufhören Anfangen
Schau nicht in die Vergangenheit, wenn du ein Heute gestalten kannst.
Wie sehr mir dieses Motto zu eigen geworden ist, merkte ich, nachdem ich mich zur Challenge „Mein Jahresrückblick 2021“ von Judith Sympatexter Peters angemeldet hatte. So ein Jahresrückblick erfordert Rückbesinnung. Was war los in diesem Jahr? Habe ich erreicht, was ich erreichen wollte? Was hat mich wirklich berührt? Welche Erfolge und Misserfolge gab es zu feiern? Im ersten Nachdenken war mein Kopf leer. Mir fiel nichts ein. Lebe ich immer noch so unbewusst, dass ich mich an kaum etwas erinnern kann, was ich in diesem Jahr erlebt habe? Etwas in mir suchte, einen Tag, zwei Tage. Zuerst waren da die Nachmittage mit Momo, die mir einfielen und die Erinnerungen an Urlaub, Wochenenden, mit dem Liebsten, der Familie, den Freund:innen. Das Tor zur Erinnerung öffnete sich. Die große Veränderung im Job, die Weiterbildungen, die Entscheidung für ein Coaching-Business, Ärger mit Corona. Plötzlich war die Auswahl an Themen, über die ich in diesem Jahresrückblick 2021 schreibe, vielfältig und groß. Ich reduzierte die Anzahl der Themen auf zehn.
Rückschau halten ist mir inzwischen ein großes Bedürfnis. Einerseits bin ich wirklich um ein Vielfaches vergesslicher als früher. Andererseits habe ich in den vergangenen Monaten mit viel Freude meine Rückblicke geschrieben. Die Monatsrückblicke schrieb ich mit dem Fokus, was war los im Monat. Was ist gelungen, was nicht? Was habe ich erlebt. 12 von 12 ist eine andere Art des Rückblicks. Von jedem 12. des Monats blogge ich 12 Fotos. Auch wenn es nicht literarisch ist, erinnert mich diese Aktion doch sehr an eines meiner Lieblingsbücher von Christa Wolf „Ein Tag im Jahr„. Diese Fotos dokumentieren diesen einen Tag im Monat und für mich fühlt sich das an, wie ein kleines Abenteuer. All diese Blogartikel zeugen auch davon, dass ich meinem Ziel regelmäßig zu schreiben näher gekommen bin.
Hakuna Matata – mit dem Aufhören anfangen.
Leicht sollte es werden, dieses Jahr 2021, leichter als alle Jahre zuvor. Das habe ich mir in einem Coaching 2020 vorgenommen. Das war das Motto für dieses Jahr. Leichtigkeit. Für mich bedeutet das, nicht immer alles persönlich zu nehmen, Dinge, die sich meinem Einfluss entziehen, hinzunehmen und anzunehmen, was ist. Ich habe mich in diesem Jahr darin geübt. War ich müde, bin ich schlafen gegangen. Konnte ich nicht einschlafen, habe ich mich nicht gequält, sondern habe mir einen Tee gekocht, einen Spaziergang gemacht oder gelesen. Ist beruflich etwas nicht geglückt, habe ich geschaut, woran es lag und wusste beim nächsten Mal, dass mir dieser Fehler nicht wieder passiert. Das alles ganz ohne Aufregung und mit vielen kurzen und langen Pausen. Ich habe angefangen, mit der permanenten Erregung aufzuhören und ehrlich, das Leben lebt sich so um ein Vielfaches entspannter und leichter. Am Ende dieses Jahres fühle ich mich so ausgeglichen wie in keinem anderen meiner zahlreichen Lebensjahre. Was für ein Geschenk! Was für ein Glück!
Meine Ziele 2021 und was daraus geworden ist
- Regelmäßig an meinen Projekten schreiben. Wöchentlich an meinen Geschichten und/oder für meinen Blog zu schreiben, war das Ziel. Das habe ich nicht erreicht. Trotzdem schreibe ich regelmäßig mehrmals im Monat und das ist weitaus mehr als 2020.
- Mirianda und Seraphina beenden. Mirianda ist veröffentlicht, von Seraphina ist die erste Fassung fertig.
- Mir Zeit für mich nehmen. Dafür habe ich ein paar Rituale gefunden. Täglich Tagebuch schreiben, ausgiebig in der Badewanne entspannen und ein Wochenende im Monat ganz allein für mich. Manchmal nehme ich mir dafür konkret etwas vor, manchmal lasse ich mich einfach treiben.
- Energievoller Leben. Ich meditiere mehr im Alltag, mache mehr Pause in der Natur und schaffe es dreimal in der Woche 15 Minuten Sport zu machen. Das hilft. Auch in den Wochen, in denen mich meine alte Bekannte namens Depression besucht.
- Greator Coach Ausbildung beenden. Check. Im Juni, alle Prüfungen bestanden, erhielt ich mein Zertifikat.
- Meine Arbeit macht mir wieder Freude. Das tut sie. Ich arbeite wieder als Therapeutin und spüre, da bin ich richtig.
- Mehr Urlaub und Ausflüge. Das ist mein Lebenselixier. Immer noch weniger als in der Zeit vor Corona, aber dafür gab es regelmäßig Spaziergänge, Wanderungen und Begegnungen in der Natur mit Freund:innen
- Erste Schritte in die Teilselbständigkeit. Die Entscheidung habe ich im Sommer getroffen und seitdem arbeite ich an meinem Profil. Zwei Klientinnen durfte ich schon begleiten.
- Zeit für Momo und Lene. Der Dienstagnachmittag ist für mich heilige Zeit. Seit einem Jahr verbringe ich diese Zeit mit Momo. Meist wird sie von Lene gebracht, wir trinken Kaffee und besprechen, was gerade los ist und dann übernimmt Momo bis Mittwochmorgen die Gestaltung der gemeinsamen Zeit.
- Meine Brüder treffen. Wir haben es nicht geschafft, uns wie geplant zu dritt in Rom zu treffen, das erste Mal seit 30 Jahren. Doch Bruder Hans fand den Weg nach Leipzig mit Tochter und Enkelkindern. Fremd und doch irgendwie vertraut.
- Mein Wort für 2021 heißt Leichtigkeit. Bislang nicht schwebend, aber viel öfter lächelnd und lebensfroh habe ich dieses Jahr durchlebt.
Mein Jahresrückblick 2021
Überforderung durch Unterforderung. Schon mindestens ein Jahr lang spürte ich eine tiefe Unzufriedenheit in mir. Ich war als Leiterin angetreten, um die Projekte – zwei Wohngruppen für Kinder aufzubauen. Anfangs war alles neu und aufregend, aber nach 5 Jahren langweilten mich die Abläufe. Mein Job bestand zu 70 Prozent aus sich stapelnden Büroarbeiten. Anträge, Abrechnungen, Statistiken, Mails beantworten, Telefonieren. Vor dem Urlaub viel Arbeit, um alles abzuarbeiten, den Schreibtisch zu leeren und nach dem Urlaub erwartete mich ein neuer großer Aufgaben-Stapel. Es ist eine Arbeit, die gefühlt nie fertig wird. Die restlichen 30 Prozent waren dem Vorbehalten, was ich eigentlich für den wesentlichen Bestandteil guter Leitungsarbeit halte: Mentoring für Kolleg:innen, interne Weiterbildungen, Zusammenarbeit mit Kooperationspartner:innen.
Zurück zur Basis – ich gebe einen meiner beiden Leitungsjobs ab
Ich liebe Leitungsarbeit, weil sie Mitdenken, Mitreden und Gestalten beinhaltet. Das Verhältnis von Bürokratie und Personalführung machte mich aber unzufrieden und ich lernte: Sich ständig wiederholende Abläufe sind nicht mein Ding. In Krisensituationen laufe ich zur Hochform auf, aber die Mühen der Ebenen im Büro sind mir verhasst. Ich sehnte mich danach, etwas bewirken zu können und mir wurde klar: im Büro bin ich permanent am Reagieren, das, was ich will, ist agieren. Mich komplett aus dem Leitungsteam zurückzuziehen, kam nicht infrage. Schließlich liebe ich es, Verantwortung zu tragen und mitentscheiden zu können. Also ging es darum, eine der beiden Wohngruppen abzugeben.
Die Entscheidung fiel mir leicht. Die WG Jacob ist eine Kurzfristeinrichtung mit regelmäßig wechselnder Belegung, was mir als Leitung die Bindung zu den Kindern erschwert und mit viel Bürokratie verbunden ist. Für die Kinder in der Wohngruppe Walter ist die WG ihr Zuhause. Sie wissen, dass sie dort groß werden können. Auch wenn ich nicht oft vor Ort bin, die Kinder wissen, wer ich bin. Für sie gehöre ich als feste Größe zum WG-Alltag. Für mich sind sie acht Kinder, die ich in ihrer Entwicklung begleiten darf. Außerdem hält sich die Bürokratie in Grenzen und es bleibt Zeit für die Umsetzung einiger inhaltlicher Ideen.
Nach einem Gespräch mit der Geschäftsführung und einem halben Jahr Übergabe war es im Januar 2021 so weit. Ich übergab die Leitung und wechselte zurück in das AFT Team (Aufsuchende Familientherapie). Dieses Team hatte ich ursprünglich mit aufgebaut und habe in den vergangenen Jahren vereinzelt immer mal einen Fall übernommen. Seit Januar bin ich im Schnitt in 5-7 Familien pro Woche als Therapeutin tätig und es ist eine große Erleichterung für mich. Auch hier gibt es immer wieder Situationen, in denen ich in Stress komme, aber es ist eine andere Form von Stress. Endlich erlebe ich mich wieder als wirksam und ich weiß, in diesem Job bin ich mit meinen Fähigkeiten an der richtigen Stelle.
Ausbildungsschluss – Ich bin jetzt Greator Coach
Meine Freund:innen schüttelten ein wenig ratlos den Kopf, als ich ihnen erzählte, dass ich eine Coaching Ausbildung begonnen habe. Ob ich nicht schon genug Qualifikationen in der Tasche habe, fragten sie. Doch diese Ausbildung sollte mehr sein, als nur ein weiterer Zettel in meiner Zettelsammlung. Schon die Ankündigung hat etwas in mir berührt. Es ging um Emotionen und um Selbsterfahrung. Bis dahin habe ich meine Emotionen als mehr oder weniger notwendigen und oft verwirrenden Teil meiner Selbst gesehen. Habe mich mehr auf meinen Kopf verlassen (den Kontrolletti), denn auf meine Gefühle. Gefühle kommen und gehen und manchmal (oft) behinderten sie mich. Heute, 1,5 Jahre später, kann ich sagen: meine Gefühle, wenn ich sie wahrnehme, annehme, sind für mich Wegweiser geworden. Zeigen mir den Weg, wo es für mich lang geht. Wie ich den Weg gehe, welche Ausrüstung ich dafür benötige, das kann ich getrost meinem klugen Kopf überlassen.
Neben diesem neuen Umgang mit meinen Gefühlen, habe ich noch etwas Wesentliches und super Entspannendes über mich gelernt. In Gruppenkontexten erlebte ich mich bis dahin entweder als Alphatier oder als Außenseiterin. Beides wollte ich diesmal nicht sein, auch wenn die Verlockungen mitunter groß waren. Die alten Rollen sind mir vertraut, aber ich wollte raus aus meiner Komfortzone, neues wagen. Ich fügte mich ein in eine Gruppe unterschiedlicher Menschen, mit unterschiedlichen Qualitäten. Kein Aufplustern, kein Kleinmachen. Zuhören, etwas sagen, wenn ich etwas zu sagen hatte. Ich entdeckte eine Vielfalt an Potentialen in mir und den anderen Teilnehmer:innen, die mir in anderen Gruppen entgangen war. Es entstand ein vollkommen neues Gefühl in mir: ich fühlte mich zugehörig.
Am 01.06.2021 war es so weit. Alle Übungscoachings abgeschlossen, die schriftliche Prüfung bestanden und an diesem Tag auch das Prüfungscoaching. Ob mir der Zettel, das Zertifikat Greator Coach etwas nützt? Ich weiß es nicht. Die Lerninhalte, die Methode auf jeden Fall. Sie ist vor allem hilfreich im Umgang mit mir selbst, aber auch nützlich in der Einzelarbeit mit Klient:innen und eine gute Erweiterung der bisherigen Methoden.
Wenn der Körper ächzt und knarrt
Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und permanente Müdigkeit, so startete ich in das neue Jahr. Statt das Leben zu genießen, ertappte ich mich regelmäßig im Funktionsmodus. Mich zu sportlichen Aktivitäten oder Spaziergängen aufraffen? Fehlanzeige. Nur wenn ich arbeitete oder schrieb, lief mein Motor. Belohnt wurde ich dafür mit nächtlichen Einschlafstörungen und in der Folge viel zu wenig Schlaf. In der Greator-Ausbildung gab es im Februar einen Abschnitt zum Thema Selbstliebe, in dem es auch um den Umgang mit dem eigenen Körper ging. Erst dort verstand ich, wie sehr ich mich in den vergangenen Jahren um meine psychische und emotionale Heilung erfolgreich bemüht hatte. Meinen Körper habe ich – außer der eher peniblen Hygiene – vernachlässigt.
Die Trennung von meinem Körper
Ein altes, schmerzhaftes Thema kam auf. Die Trennung von meinem Körper und mir war in meiner Jugend und im jungen Erwachsenenalter immer präsent. Irgendwann habe ich dann wohl beschlossen, mich auf meinen Kopf und meine Psyche zu verlassen und den Körper einfach auszublenden. So als gehöre er nicht zu mir. Motiviert durch die Ausbildung begann ich in einem ersten Schritt regelmäßige Pausen in Form von kurzen Meditationen einzubauen. Diese Pausen weitete ich, wann immer es möglich war, zu Spaziergängen aus. Mal 15 Minuten in einem Wald, mal eine halbe Stunde an der Mulde. Diese kleinen Änderungen zeigten große Wirkung. Ich wurde zusehends entspannter, gelassener.
Wenn es an einem Tag mal nicht klappte, nahm ich das hin. Bewertete es nicht negativ, sondern motivierte mich mit den bisherigen Erfahrungen und machte am nächsten Tag einfach weiter. Ich schrieb eine Art Erfolgstagebuch. Freute mich über jeden Tag, an dem ich meditierte, bewusst Pause machte und mir Zeit für einen Spaziergang nahm. Im Juni stolperte ich auf Instagram über einen Post von Gabriela Höper zu ihrem Angebot schmerzfreier Rücken. Das Angebot beinhaltet 30 Videos mit einer Länge von 10-15 Minuten. Genau das Richtige für einen Sportmuffel wie mich. Und nein, selbst diese 10 Minuten halte ich nicht täglich durch, aber 20, 30 oder 40 Minuten Sport in der Woche sind mehr als Null Minuten Sport. Mein Rücken dankt es mir schon jetzt.
Kind, Enkel und die Freund:innenbande
Ein für mein Wohlergehen zentraler Aspekt meines Lebens sind meine Beziehungen. Egal ob Liebesbeziehung, familiäre Beziehung, Freundschaften, sie alle machen mein Leben reicher, bunter, wertvoller. In Beziehungen fühle mich nur ganz, wenn sie von autonomer Verbundenheit getragen sind. Das meint die Akzeptanz der /des Anderen mit ihren / seinen Bedürfnissen, bei gleichzeitiger Akzeptanz meiner Bedürfnisse. Dabei gilt es, trotz aller Unterschiede, miteinander in Verbindung zu sein. Nicht die Angst, die andere Person zu verlieren steht dabei im Vordergrund, sondern echte Anteilnahme, Neugier und Interesse. Das trug 2021 auch über weite Strecken, in denen wir uns Corona-bedingt nicht persönlich begegnen konnten. Dennoch gab es regelmäßige Begegnungen und Unternehmungen.
- jeder Dienstag Nachmittag gehört der Enkeline
- Spaziergänge, Gespräche, Essen gehen mit meiner Tochter Helene
- die Wochenenden mit dem Liebsten in Leipzig und Hermeskeil und gemeinsame Urlaube und Ausflüge
- eine Kurzreise mit Freundin, deren Kindern und mit Helene und Momo
- Ausflüge, Spaziergänge und gemeinsam Lernen G.P., einer befreundeten Therapeutin
- Grillen im Garten und Abende im Sonnenuntergang mit K.R.
- regelmäßige Online-Schreib- und Gesprächstreffen mit Kreativitätscoach Sharlene Anders
- Live- und Onlinetreffen mit den Frauen der Greator-Coach-Ausbildung
- Onlinetreffen mit den Kolleginnen der Autorinnenvereinigung
Wissen hamstern – Weiterbildungsmarathon
Lernen hat mein Leben schon immer geprägt. In der Kindheit und Jugend war es ein Fluchtmechanismus vor dem Alltag. Später wollte ich mir beweisen, dass ich es kann. Das war notwendig, da ich mit Sprüchen aufgewachsen bin wie „dafür bist du viel zu blöd!“ Obwohl meine Leistungen immer gut waren, traute ich mir lange Zeit nichts zu. Ich litt, wie ich heute weiß, am Impostor-Syndrom. Ständig lebte ich mit dem Gefühl, andere könnten erkennen, dass ich nur so tue, als wüsste/könnte ich etwas. Ich fühlte mich anmaßend und wie eine Lügnerin. Da half auch der Erfolg nicht und der Zuspruch, den ich für meine Ergebnisse erhielt. Das änderte sich erst, nachdem ich mit 40 Jahren meinen Masterabschluss in der Tasche hatte und sofort überlegt hatte, eine Promotion zu machen.
In einer Psychotherapie kam ich mir endlich auf die Schliche. Ich verstand, dass ich all die Jahre versucht hatte, mir und anderen zu beweisen, dass ich nicht „zu blöd“ bin. Dass ich bei dem, was ich tue, gar keine Chance hatte, nur so zu tun als ob. In dieser Zeit habe ich auch verstanden, dass ich unabhängig von der Wirkung, die Scheine und Zertifikate haben, unglaublich gern lerne. Egal, ob ich ein Sachbuch lese, um etwas zu verstehen oder an Kursen teilnehme, in denen ich mich selbst noch ein wenig besser kennenlerne, es entspannt mich und macht mir Freude. In manchen Jahren beschränke ich mich auf das Lesen, in diesem Jahr habe ich zwei Ausbildungen abgeschlossen – Greator Coach und Traumapädagogik.
Auch die Plattform Auditorium-Netzwerk habe ich in diesem Jahr viel und häufig genutzt. Dort gibt es Videos und Tonaufnahmen zu kaufen von Fachvorträgen und Weiterbildungen. Manchmal gibt es auch kostenfreie Angebote. Spannender und lehrreicher als Netflix-Serien. In diesem Jahr habe ich mich viel mit dem Thema Trauma und der hypnosystemischen Arbeit beschäftigt. Ich habe mir Videos von Peter A. Levine, Gunther Schmidt, Steve de Shazer, Woltemade Hartmann und von den Züricher Traumatagen 2020 angesehen. Was für eine Bereicherung.
Die Entscheidung für mein traumasensibles Coaching Angebot
Seit Jahren beschäftigt mich die Frage: Selbstständigkeit oder nicht. Es war dieses Entweder oder blockierte mich. Ich grübelte lange über der Frage, was plane ich anzubieten. Die Palette dessen, was ich gelernt habe und jetzt schon im Arbeitsalltag anwende, ist groß. Im Anschluss an die Greator Ausbildung und als Ergebnis eines Coachings zum Thema, stand meine Entscheidung fest. Ich entscheide mich für eine Teilselbständigkeit. Aktuell im Rahmen der Familientherapie arbeite ich regelmäßig mit mehreren Menschen, was mir fehlt, ist das konzentrierte Arbeiten im 1:1 Kontext.
Das Thema, welches mir in fast allen Familien begegnet, ist das Thema Trauma und traumatische Übertragungen. Wenn diese Erfahrungen nicht beachtet und integriert werden, blockieren sie unsere Emotionen und damit auch unseren Lebensspirit. Ich suchte nach einem Begriff für das, was ich da anbieten möchte. Fand ihn bei meinen Recherchen im Internet: Traumasensibilität. An sich liegt die Bedeutung des Begriffes schon im Wort. Es beschreibt, dass die Therapeutin/Coach über anwendbares Wissen über Trauma und Traumadynamiken verfügt, dieses weitergeben und dass sie mit traumatisierten Menschen sensibel umgehen kann.
Mit meinen Klient:innen für mehr Lebensfreude und Verbundenheit an ihren Themen und Blockaden traumasensibel zu arbeiten, das ist es, woran ich in den nächsten Jahren arbeiten werde.
Angetreten für mehr Sichtbarkeit – der Social-Media-Wahnsinn
Am Anfang des Jahres war für mich klar, ich will wieder mehr bloggen. In die Umsetzung gekommen bin ich mit Motivation von Außen. Ich beteiligte mich an Judith Peters Challenge BoomBoomBlog. Nach der Challenge stand mein erster neuer Blogartikel „Warum ich Erstgespräche liebe„. Mein Ziel war nicht über Fachliches zu schreiben, ich wollte meinen Blog neu beleben. In der Challenge lernte ich mehr über WordPress, Facebook und Instagram. Spürte die Freude bei der Bearbeitung von Fotos. Nach der Entscheidung für die Teilselbständigkeit kamen weitere Social-Media-Kanäle hinzu: LinkedIn, Xing, Pinterest und Twitter. In ihrer Gesamtheit überfordern mich die Kanäle. Welcher Kanal ist, wofür gut? Was präsentiere ich wie? Wie erreiche ich meine potenzielle Zielgruppe? Für mich war es erst einmal wichtig herauszufinden, wie diese Kanäle überhaupt funktionieren und wer auf welche Art Posting reagiert.
Heute nutze ich Facebook, um mit Menschen in Verbindung zu bleiben. Menschen, mit denen ich offline befreundet bin und solche, die sich mit für mich spannenden Themen beschäftigen. Auf Instagram verbinde ich mich mit Menschen, die ähnliche Themen umtreiben wie mich: Therapeut:innen, Coaches, Bloggerinnen. Twitter ist kein Medium für mich. Es ist zu schnell und zu verwirrend. Mit Pinterest habe ich mich bis jetzt nicht beschäftigt und auf Xing bin ich nur selten. LinkedIn gefällt mir gut mit den informativen Fachartikeln. Allerdings weiß ich hier bisher nicht so richtig, wie ich mich gut positionieren kann. Eine Landingpage ist sinnvoll als Portal für Terminvereinbarung und Zahlungsabwicklung. Die fehlt mir noch. Deshalb habe ich mich erst einmal bei Seventlive angemeldet. Dort finden Kund:innen mein Profil und können ein Coaching buchen.
Schritt für Schritt entwickelt sich das alles dahin, wo ich es hin haben will: Ich zeige mich als Coach und Mensch.
Corona und Jugendhilfe
Dieses Jahr zeigte, was ich schon lange wusste: Kinder- und Jugendhilfe finden in der Wahrnehmung von Politik und Öffentlichkeit kaum statt, auch nicht in Bezug auf Corona. Schon im vergangenen Jahr zeigte sich, dass viele der Regelungen auf Unternehmen, Schule, KiTa und Familien ausgelegt waren. Von den besonderen Bedürfnisse der in Wohngruppen lebenden Kindern und Jugendlichen und deren Betreuer:innen war, wenn überhaupt, meist verspätet die Rede. Abgesehen vom Personalschlüssel, der in der Regel berücksichtigt, dass die Kinder und Jugendlichen tagsüber in KiTa, Schule und Hort sind, benötigten die Kinder viel mehr Unterstützung. Sei es im Homeschooling, sei es im sozial-emotionalen Bereich. Für unsere Kinder ist es, bei allen Bemühungen der Kolleg:innen, irgendwie immer zu wenig. Das Taschengeld reicht nicht, um den dringend benötigten Laptop zu kaufen.
Bedarf an einem Gespräch? Dann komm mit in die Küche und wir reden, während ich das Essen koche. Du brauchst den Laptop zum Lernen? Ja, aber vor dir haben sich schon x und y angemeldet. Du bist traurig, weil du deine Freund:innen nicht sehen kannst? Ich bringe erst einmal die Kleinen ins Bett, dann können wir reden.
Wir Kolleg:innen brachten unsere Altgeräte mit auf Arbeit, damit es nicht zu einem allzu großen Lernstau kam. Ganz gruselig wurde es für Kinder und Betreuer:innen, wenn ein Kind an Corona erkrankte. Dieses, von den anderen Kindern isoliert, benötigte auf Grund des Alters tagsüber eine 1:1 Betreuung. Das bedeutete, dass aus dem Pool der für die WG bewilligten Mitarbeiter:innen zwei Kolleg:innen abgezogen werden mussten. Diese bildeten dann das Quarantäneteam. Heißt, in dieser Zeit verzichteten Kolleg:innen auf ihr reguläres Frei, um die Betreuung der Kinder abzusichern. Als dann noch Kolleg:innen erkrankten, aktivierten wir Kolleg:innen aus anderen stationären Teams und aus dem ambulanten Team. Anrufe im Gesundheitsamt und im Jugendamt zeigten: alle waren von der Situation überfordert. Entlastung für die Kinder und Kolleg:innen auf lange Zeit nicht absehbar.
Der Träger bemüht sich sehr, mit Dankeschön und Prämien die Motivation oben zu halten.
Was fehlt, und das zeigte dieses Coronajahr sehr deutlich, ist ein an den Bedarfen der Kinder gemessener Personalschlüssel. Was für 2022 bleibt: die erneute Hoffnung, dass sich die Situation entspannt und die Kinder und Jugendlichen den Anschluss an den Lernstoff finden.
Mein erstes Online-Seminar zum Thema Borderline-Persönlichkeitsstörung
Schon im vergangenen Jahr gab es von einem unserer Teams die Anfrage, ob ich nicht wieder einmal etwas zum Thema Borderline-Persönlichkeitsstörung anbieten könne. Aufgrund von Corona verschoben wir das Seminar immer wieder und so wurde in diesem Jahr die Idee geboren, dies online anzubieten. Das hatte ich noch nie im Repertoire. Technisch bin ich nicht besonders versiert. Ich bin eine Technik-Nutzerin, das heißt, mir die einzelnen Tools zu erschließen, dafür nutze ich häufig die Tutorials auf YouTube und Artikel von anderen Nutzer:innen. Doch für diese Art der Vorbereitung blieb keine Zeit. Ich versendete mein Skript an die Teilnehmenden und beschloss, einfach zu erzählen, was ich weiß und Fragen zu beantworten. Mein Konzept ging auf – noch nie habe ich mich so entspannt in meiner Rolle als Dozentin gefühlt und aus den Rückmeldungen der Teilnehmenden weiß ich, sie konnten viel mitnehmen.
Ich ringe um Worte – Schreiben und Veröffentlichen
Geschrieben habe ich in diesem Jahr einiges, allerdings wenig literarisch. Im Alltag bin ich oft angefüllt mit den Lebensgeschichten anderer Menschen und das macht mich manchmal sprachlos. Sprachlos für die Geschichten, die ich erzählen will. Es blockiert die kreative Sprache und so wirken meine Texte in der ersten Fassung oft hölzern und leblos. Gleiches gilt für die Blogartikel. Hier allerdings blockiert mich eher die Frage, wie viel kann und will ich von mir zeigen? Dennoch bin ich zufrieden mit diesem Schreibjahr. Mein Blog bekommt zunehmend Leser:innen, weil ich mehr veröffentliche. Zweimal für je eine Woche war ich im Schreiburlaub und habe die Zeit zum Schreiben genutzt. Im November arbeitete ich im Rahmen des NaNoWriMo vorrangig an der ersten Fassung meines Jugendromans.
Was mich besonders freut: in diesem Jahr sind drei Bücher erschienen, die Texte von mir enthalten. „Nicht Gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen“ (erschienen am 20.12.2020), „Fantastische Fragmente – Von Amuletten, Todesengeln und Übermenschen“ (April 2021) und „Anthologie 2021 – Autorinnenvereinigung e.V.“ (Juli 2021).
Meine liebsten eigenen Blogartikel des Jahres 2021
- Selbstzweifel – der Feind in deinem Kopf. Ein Thema, mit dem ich mich schon lange auseinandersetze und es ist einer meiner ersten Business-Artikel.
- 5 Jahre HPWG Walter – ein Grund zum Feiern. Diese Wohngruppe ist mein „Baby“ und für mich ist das Wohlergehen, sowohl der Kinder die dort leben, als auch der Kolleg:innen die dort mit viel Liebe und Engagement arbeiten, eine Herzenssache.
- Laudatio für Ulrike Bail. Es war mir eine Ehre, diese Laudatio für die Lyrikerin Ulrike Bail schreiben und halten zu dürfen. Und obwohl die Preisverleihung zur Autorin des Jahres online stattfand, war ich ziemlich aufgeregt.
Mein 2021 in Zahlen
- Mit Momo verbrachte Dienstage: 48
- Instagram: 344 Follower (Stand Januar 75)
- Therapiesitzungen mit Klient:innen in Leipzig und Umland: 234
- Aufrufe meines Blogs: durchschnittlich monatlich 334 Besucher:innen, davon Januar bis April 0 und Spitzenreiter war der Juli mit 623
- Spaziergänge und (wenige) Wanderungen: an 194 Tagen
Was sonst noch bei mir los war
Das wartet 2022 auf mich
- Aufbau meines Online-Coaching-Angebotes: Entscheidung für einen Social-Media-Kanal, regelmäßig inhaltliche Blogartikel schreiben. Mich für eine Marketingstrategie entscheiden und diese verfolgen. Mein Ziel 4 Coachings pro Woche.
- Fortbildung: das will ich in jedem Jahr: mein Wissen und den Methodenpool noch ein klein wenig mehr erweitern. Für 2022 stehen die Beendigung der Fortbildung in hypnosystemischen Konzepten auf dem Plan und die Fortbildung hynosystemischer Umgang mit Krisen.
- Wir beginnen mit dem Ausbau: nach fast 10 Jahren Fernbeziehung wagen wir den Schritt in die gemeinsame Zukunft. Hausausbau für zwei Wohnungen. Handwerklich war ich noch nie begabt, aber basteln kann ich gut 🙂
- Aus Kinderzimmern werden Jugendzimmer: Die Kinder der WG Walter werden größer und älter. Die Interessen ändern sich, also passen wir unsere Konzepte (Sexualpädagogik und tiergestützte Pädagogik) und die Räume an die veränderten Bedürfnisse an.
- Die erste Zugfahrt mit der Enkeline: Geplant ist ein verlängertes Wochenende im Hunsrück bei meinem Liebsten. Fünf Stunden Zugfahrt mit Kleinkind.
- Seraphina geht ins Abschluss-Lektorat: An diesem Buch arbeite ich schon seit zwei Jahren. 2022 will ich es beenden. Viel Arbeit ist noch nötig und das bedeutet pro Woche mindestens 2 Schreibabende.
- Mein Motto für 2022 Vertrauen ins Leben
Danke liebe Stella. Ich hoffe, es geht gut voran, mit dem auf Deinen Körper hören.
Vieles in deinem Jahresrückblick kenne ich von mir selbst. Auch ich musste doeses Jahr ganz neu lernen mehr aif mich und meinen Körper zu hören. Ein wirklich berührende und ganz wunderbar geschriebener Jahresrückblick.
Vielen Dank ?
Dankeschön. Das freut mich sehr ?
Liebe Sylvia danke für diesen. Ich find du hast ihn sehr gut geschrieben. Toll was du alles erreicht hast
Liebe Grüsse
Natascha
Danke für deinen wundervollen Jahresrückblick. Ich habe ihn unheimlich gerne gelesen. Hut ab vor deinen Ausbildungen. Traumapädagogik klingt total spannend. Ich freue mich mehr von dir zu lesen. Lieben Gruß Susanne
Liebe Sylvia,
ein sehr berührender und für mich absolut inspirierender Jahresrückblick, den du da geschrieben hast! Schon direkt beim Titel musste ich schmunzeln, weil ich gleich meine Mädels zu dem Song aus König der Löwen tanzen sehen habe.
Deine „alte Bekannte“ kenne ich leider ebenfalls ganz gut, sie kommt mich manchmal auch besuchen… Überhaupt scheinen wir recht viel gemeinsam zu haben. Täglich immer die gleichen Abläufe zu haben, das engt mich ebenfalls ein und frustriert mich. Ich fühle mich dann eher mitgezogen vom Alltag und bin, wie du es beschreibst nur am Reagieren. Es freut mich sehr, dass du dich bei deiner so wichtigen Arbeit nun wieder als wirksam wahrnimmst.
Permanente Müdigkeit, Funktionsmodus – auch Worte, die ich gut kenne. Neben der Arbeit und den Kindern überhöre ich gerne mal die Signale meines Körpers.
Der Abschnitt „Wissen hamstern“ hat mich stark berührt, kein Mensch sollte solche Sprüche zu hören bekommen!
Vielen Dank, dass du dein 2021 mit uns teilst!