Eine lyrische Annäherung an Iphigenie

Die Geschichte der Iphigenie faszinierte mich vom ersten Moment an, als ich über sie las. Diese Texte sind Ausdruck meiner Annäherung an diese tragische literarische Figur, die es so in jedem Land, in jeder Kultur tausendfach noch heute gibt.

Iphigenie

Mein Name ist Frau.
Ich bin ein Körper.
Einer der definiert wird.
Von anderen.
Ich bin das Gefäß für den Auswurf derer die definieren.
Auf diesem Körper wurde Geschichte geschrieben.
Blutige Geschichte.
Geschichtsbücher schreiben aus blutigen Kriegen Poesie.
Meine Geschichte ist eine andere, dieses Blut gerinnt nicht zur Poesie.

Meine Stimme – verstummt.
Ich schweige mich durch die Zukunft die auch Vergangenheit heißt.

Alles hat seinen Ort:
Die Frau ist der Körper und der Körper ist der Ort aller die nicht Frau sind.
Der Ort des Körpers der Frau ist die Öffentlichkeit.
Nur eine nackte Frau ist eine gute Frau.
Nackt macht mich fremd.

Ich bin die Zerstörte die sich nach Zerstörung sehnt.
Vor jedem Neuanfang braucht es Zerstörung.
Das habe ich aus eurer Geschichte gelernt.
Das ist meine Hoffnung.

© Sylvia Tornau, 2003

Iphigenie 2

Ich bin die eine von vielen.
Ich hatte eine Kindheit,
ich hatte eine Jugend.
Ich bin erwachsen und ich werde alt.
Ich habe gelernt, gearbeitet, geliebt.
Habe ich geliebt?

Ich habe einen Namen.
So wie ein Joghurtbecher
Joghurtbecher heißt.
Ich habe einen Körper.
Auf diesem Körper wurde Geschichte geschrieben.
Geschichte schreibt aus blutigen Kriegen Poesie.

Meine Geschichte ist eine andere.
Mein vergossenes Blut gerinnt nicht zu Poesie.
Blut ist die Definition des Weiblichen.
Die Stimme meines Aufbegehrens ist verstummt.
Ich schweige und lächle mich durch die Zukunft
die längst Vergangenheit heißt.
Alles hat seinen Ort.
Die Frau ist Körper und der Körper gehört allen
die nicht Frau sind.

Der Ort des Körpers der Frau ist die Öffentlichkeit.
Nur eine nackte Frau ist eine gute Frau.
Nackt macht mich fremd.
So fällt mir das Lächeln schwer.

© Sylvia Tornau, 2007

Kleiner nichtliterarischer Nachtrag: Falls dir auch das Lächeln so schwerfällt wie Iphigenie und auf deinem Körper eine fremde Geschichte geschrieben wurde, lade ich dich herzlich dazu ein, meinen Beitrag über emotionale Selbstregulation zu lesen.

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Ich bin Sylvia, systemische Therapeutin, Trauma-Coach und Bloggerin. Die menschliche Psyche und die Frage „Warum ticken wir, wie wir ticken“ treibt mich schon seit meiner Jugend an. Heute unterstütze ich Frauen dabei, alte Prägungen loszulassen, ihre Emotionen zu regulieren und im eigenen Leben zu Hause zu sein.

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