Liebe in Zeiten von Konflikten: Ein Leitfaden zur Lösung der 5 häufigsten Beziehungsprobleme
Liebe ist in Partnerschaften die tragende Emotion: einerseits unerlässlich und andererseits hochgradig gefährdet. Letzteres immer dann, wenn Meinungsverschiedenheiten / Konflikte aufkommen. Denn eines ist klar, egal, wie sehr ihr euch liebt: Eines Tages werdet ihr euch streiten. Worüber? Keine Ahnung. Die Themen sind so vielfältig, wie es unterschiedliche Individuen gibt, also im Grunde milliardenfach. Im Verlauf meiner 20-jährigen Berufserfahrung als Familientherapeutin haben sich mir 5 Problembereiche eröffnet, in den sich die Konflikte von Paaren bewegen. In diesem Leitfaden zur Lösung der fünf häufigsten Beziehungsprobleme gebe ich dir praktische Tipps, wie du sie wahrnehmen kannst und was für die Lösung notwendig ist. Mit diesem Leitfaden und der Bereitschaft, mit deinem/deiner Partner:in zusammenzuarbeiten, kannst du nicht nur Trennung vermeiden, deine Beziehung stärken und Hindernisse überwinden. Damit dich die Liebe auch durch die stürmischen Zeiten von Konflikten begleitet.
Die 5 häufigsten Beziehungsprobleme
Es gibt viele Faktoren, die dazu beitragen können, dass in deiner Beziehung Konflikte entstehen und damit Beziehungsprobleme auftreten. Hier findest du die fünf häufigsten Beziehungsprobleme, die mir in meiner langjährigen Zusammenarbeit mit Paaren immer wieder begegnen:
1. Kommunikationsprobleme
Kommunikation ist mehr, als das, WAS gesagt wird. Eine mindestens ebenso große Rolle spielt, WIE etwas gesagt oder nicht gesagt wird (Tonalität, Pausen, Erregungsgrad, Mimik, Gestik, begleitendes Verhalten). Es ist so viel mehr als der Austausch von Worten. Ohne offene und ehrliche Kommunikation kommt es zu Missverständnissen und Konflikten. Was in der Kommunikation zu Problemen führen kann:
- Wenn es dir oder deiner Partner:in schwerfällt, Gefühle auszudrücken,
- ihr einander nicht wirklich zuhört,
- ihr nehmt euch nicht die Zeit für Gespräche,
- nicht darauf achtet, dass Worte der kleinste Teil der Kommunikation sind und es viel mehr auf Mimik, Gestik, Haltung ankommt
- wenn bei Unklarheiten nicht nachgefragt wird, sondern du/ihr euch lieber Gedanken zusammenspinnt, die dann zur Realität wird, wie im folgenden Beispiel von Paul Watzlawick – Die Geschichte mit dem Hammer.
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Egal, ob ihr viel oder wenig redet, es ist wichtig darauf zu achten, wie ihr kommuniziert. Die Gefahr ist groß, dass sich einer oder ihr beide euch unverstanden fühlt. Die Art der Kommunikation entscheidet, ob ihr euch miteinander sicher fühlt, ob ihr einander vertrauen könnt. Denn Kommunikation ist gleich Verhalten! Eine offene und ehrliche Kommunikation ist für alle Bereiche des Beziehungslebens wichtig und notwendig, sie ist der sozusagen der Schlüssel, um Meinungsverschiedenheiten auszuräumen, Konflikte zu lösen und eine starke Beziehung aufzubauen.
2. Vertrauensprobleme
Auch Vertrauen ist wesentlich für gelingende Beziehungen. Ohne Vertrauen wird es schwierig sein, eine Beziehung dauerhaft aufrechtzuerhalten. Typische Vertrauensthemen sind
- Eifersucht
- Verhaltensweisen, die das Vertrauen untergraben (lügen, betrügen, verschweigen, ignorieren, den/die andere zum Prellbock machen, sich lustig machen etc.)
- Misstrauen aufgrund von negativen Vorerfahrungen und ungelösten Traumata (z.B. Gewalterfahrungen in Kindheit/Jugend/Partnerschaft)
- aus Bindungsmustern resultierende Ängste (z.B. Angst vor Bindungsverlust; Angst vor zu viel/zu wenig Nähe)
Es ist wichtig, dass ihr miteinander über eure Bedenken und Ängste sprecht, dass ihr gemeinsam Lösungen findet oder zumindest die jeweiligen Lösungen akzeptiert, dass ihr zusammenarbeitet, um das Vertrauen in eure Beziehung zu stärken.
3. Finanzielle Meinungsverschiedenheiten
Einige Paare haben unterschiedliche Einstellungen und Vorstellungen darüber, wie Geld ausgegeben werden sollte. Ein:e Partner:in kann überzeugt sein, dass Geld für den Kauf von Luxusartikeln ausgegeben werden sollte, während der/die andere davon ausgehen kann, dass Geld für die Sicherung der Zukunft gespart werden sollte. Finanzielle Meinungsverschiedenheiten können zu Stress und Spannungen führen, insbesondere wenn ein:e Partner:in mehr Geld ausgibt als der/die andere. Es ist wichtig, dass Paare offen über ihre Finanzen sprechen und gemeinsam Entscheidungen treffen, um finanzielle Konflikte zu vermeiden. Dabei dürft ihr gern kreativ sein, es geht nicht um recht haben, sondern darum, dass ihr eure jeweiligen Bedürfnisse akzeptiert und für diese Lösungen findet.
4. Unterschiedliche Werte und Überzeugungen
Auch unterschiedliche Werte und Überzeugungen führen immer wieder zu Konflikten in Beziehungen. Einige Paare haben unterschiedliche Vorstellungen darüber, was richtig und falsch ist, oder haben unterschiedliche religiöse oder politische Überzeugungen. Problematisch wird dies meist dann, wenn es um wichtige Entscheidungen geht, die beide gemeinsam tragen müssen, wie zum Beispiel die Erziehung von Kindern, die Ernährung oder die Wahl eines Wohnorts. Es ist wichtig, dass ihr offen über eure Werte und Überzeugungen sprecht, gemeinsam Kompromisse findet oder auch nach Möglichkeiten sucht, wie ihr mit der Unterschiedlichkeit umgehen wollt. Nichts wissen zu wollen, nicht darüber zu sprechen, schützt nicht vor Konflikten. Dann doch lieber von Anfang an in den Austausch gehen!
5. Mangel an Intimität
Ein Mangel an Intimität ist zu Beginn einer Beziehung größtenteils kein Thema, es sei denn, ein*er von euch definiert sich als asexuell. Häufig ist dies ein schleichender Prozess, bei dem es zunehmend schwerer fällt, eine intime Beziehung aufrechtzuerhalten. Die Ursachen sind auch hier vielfältig:
- Zeitmangel,
- Stress,
- unterschiedliche intime Bedürfnisse
- unterschiedliches Verständnis von Intimität
- sich im Laufe der Jahre verändernde Bedürfnisse
- und viele andere Faktoren.
Ein Mangel an Intimität kann zu Frustration und Unzufriedenheit führen und das Vertrauen in die Beziehung untergraben. Nicht selten erlebe ich, dass Intimität in Beziehungen als Geheimwaffe verstanden wird. Da wird Intimität gefordert oder verweigert, es gibt das „Wenn-Dann-Spiel“ (wenn du dies und jenes tust, dann …). Damit wird das Bedürfnis nach Intimität instrumentalisiert, was zu tiefgreifenden Störungen in der Partnerschaft führen kann.
Strategien zur Lösung von Konflikten in Beziehungen
Auch wenn ihr euch streitet, denke immer daran, es geht um die Liebe, auch in Zeiten von Konflikten! Konflikte sind unvermeidlich in jeder Beziehung. Aber es gibt Strategien, die Paare verwenden können, um Konflikte zu lösen und ihre Beziehung zu stärken. Im Folgenden findest du einige Tipps aufgelistet, die ihr in eurer Beziehung anwenden könnt, um Konflikte zu lösen:
Vermeide es, den Konflikt zu eskalieren
Wenn ein Konflikt entsteht, ist es wichtig, ruhig zu bleiben, damit ihr nicht Konflikt-Pingpong spielt, bei dem es am Ende nur noch darum geht recht zu haben. Recht-haben-wollen ist das beste Mittel, einen Konflikt zu verschärfen. Wenn du also spürst, dass die Emotionen dich in der Diskussion überfluten: Mach Pause! Beruhige dich und überlege, worum es dir eigentlich wirklich geht. Was willst du erreichen? Das heißt, du solltest dich bemühen, ruhig und sachlich zu bleiben und dich auf die Lösung des Problems zu konzentrieren. Es ist wichtig, dem/der anderen zuzuhören, die andere Perspektive zu verstehen, um eine Lösung zu finden, die für euch beide akzeptabel ist. Wenn für dich etwas unklar ist, frage nach. Du weißt nicht, was in dem/der anderen vorgeht, wenn du glaubst, du wüsstest es – dann bist du vermutlich ziemlich arrogant und überschätzt deine hellseherischen Fähigkeiten – im Grunde erzählst du dir Geschichten darüber, was der/die andere denkt. Wenn du nicht fragst, weißt du es nicht und begibst dich in den Bereich der Spekulation. Wenn du verstanden werden willst, musst du erklären, was in dir vorgeht. Nur so hat dein Gegenüber eine Chance, dich zu verstehen. Ohne Erklärung können andere nur raten.
Konzentriere dich auf das Problem, nicht auf die Person
Wenn du einen Konflikt lösen willst, ist es wichtig, dich auf das Problem zu konzentrieren und nicht auf die Person. Es geht um Sachverhalte und nicht darum, euch gegenseitig infrage zu stellen. Deshalb ist es wirklich wichtig, respektvoll und höflich miteinander umzugehen. Denk daran, du willst ein Problem lösen! Es geht nicht darum, dein:e Partner:in persönlich anzugreifen.
Findet eine gemeinsame Lösung
Die Lösung eines Beziehungskonflikts ist nur dann eine Lösung, wenn sie für beide akzeptabel ist. Das erfordert von beiden Beteiligten, offen und ehrlich darüber zu sprechen, was sie sich jeweils von der Lösung erhoffen und welche Bedeutung das erhoffte Ergebnis für jede:n persönlich hat. So kann es sein, dass ein Kompromiss die beste Lösung ist, es kann aber auch sein, dass die Lösung im Grunde nur für eine:n von euch wichtig ist und der/die andere deine Lösung akzeptiert, weil er/sie versteht, was die Lösung für dich bedeutet, warum sie für dich wichtig ist. Deshalb sei mutig. Trau dich über das zu sprechen, was dir wichtig ist und denke nicht für deine:n Partner:in.
Vermeide es, alte Konflikte neu zu entfachen
Es passiert gar nicht so selten, dass bei einem aktuellen Konflikt plötzlich eine ganze Reihe alter Themen noch einmal aufploppen. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere und unser Gehirn ist ein bequemes Ding: Es mag Veränderungen nicht. Deshalb greift es immer zuerst auf alte Erfahrungen zurück. Doch du willst deine Konflikte jetzt anders lösen, deshalb achte darauf, dass die Erinnerung an alte Konflikte nichts mit der aktuellen Situation zu tun haben. Konzentriere dich auf das aktuelle Problem. Das lässt sich nicht über alte Wege lösen. Nebenbei gesagt, verschwinden vergangene Verletzungen nicht, wenn du sie jetzt neu aufwärmst. Im Gegenteil: du spürst die alte Verletzung so, als wäre sie gerade geschehen und das ist ein Konfliktverschärfer. Fokussiere dich deshalb auf das, was du heute klären willst und akzeptiere, dass du die Vergangenheit nicht ändern kannst.
Außenhilfe suchen: Beratung und Therapie
Manchmal ist es schwierig, Konflikte in einer Beziehung alleine zu lösen. Obwohl ihr beide an einer Lösung interessiert seid, eure Beziehung halten und verbessern wollt, ihr schafft es einfach nicht, euch auf das eine Thema zu fokussieren. Zu viele alte Muster und Verletzungen ploppen auf und bei allem guten Willen, verliert ihr immer wieder den roten Faden in der Diskussion. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, außen Hilfe zu suchen. Beratung und Therapie können Paaren helfen, Konflikte zu lösen und ihre Beziehung zu stärken. Auch wenn nur eine:r bereit ist, neue Wege zu gehen – als Systemikerin kann ich dir sagen: Wenn eine:r sich verändert, verändert sich das ganze System! Wenn du möchtest, können wir gern in einem kostenfreien Kennenlerngespräch herausfinden, ob und wie ich dich/euch unterstützen kann.
Fazit: Liebe und Konflikt können zusammen existieren
In jeder Beziehung wird es Konflikte geben, sogar geben müssen. Denn ein Paar besteht aus zwei Verschiedenen, die etwas Gemeinsames erschaffen. Verschiedenheit erzeugt Reibung und aus dieser Reibung können Konflikte entstehen. Konflikte tun mitunter weh, weil sie uns deutlich machen, dass wir eben nicht eins, sondern zwei sind, auch wenn wir als Paar zusammenleben. Wenn es dir gelingt, einen Konflikt als Chance auf Wachstum zu verstehen, wird es dir mit ein wenig Übung gelingen, die Angst vor Konflikten zu verlieren, weil sie, mit den richtigen Werkzeugen und der Bereitschaft zusammenzuarbeiten, am Ende der Garant für eine gesunde und starke Beziehung sind. Eine Beziehung, in der alle Bedürfnisse sein dürfen und der Kampf um die eigenen Bedürfnisse aufhören kann. Erst dann ist ein Miteinander und Aneinander wachsen möglich. Die Liebe in Zeiten von Konflikten zu erhalten, ist also das Ziel. Die Haltung, dass Liebe und Konflikte also nicht nur zusammen existieren können, sondern der Dünger für das gemeinsame Leben sind, ist der Schlüssel zu einer lebendigen und erfüllenden Beziehung.
Love_02 ©Karsten Kromm
In Verbundenheit
Ach wie schön! Danke liebe Grit! Naja und was soll ich sagen, auch ich habe jahrelang an meiner Nase zupfen dürfen und zupfe mitunter auch heute noch :-).
Liebe Sylvia, da greifst du ja ein gewaltiges Thema in unserer aktuellen Gesellschaft auf. Alleine, wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis mal sachte umschaue, gibt es da einige Beziehungen, die sich diesen Beitrag durchlesen sollten. Auch ich selbst muss mir an „der eigenen Nase etwas zupfen“. Dein Artikel ist ein guter Leitfaden, um sachlich an die einzelnen Punkte heranzuziehen. Bravo!