Regina Schleheck von “Klappe zu – Balg tot“ – Rezension
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“Klappe zu – Balg tot, bitterböse Geschichten“ von Regina Schleheck
Die Kurzgeschichten von Regina Schleheck sind für alle, die nichts Langes mehr lesen wollen, können, mögen – rezensiert von Sylvia Tornau
Die Glückshaube
Die alte Zieten hatte in weiser Voraussicht vor dem Tisch eine kleine Wanne aufgestellt, in die Fruchtwasser, Blut und die übrigen Ausscheidungen, die bei einer Geburt dazugehören, abfließen konnten, während mein Körper durch den engen Ausgang gequetscht wurde. Als ich meinem Vater schließlich in die Hände glitt, zitterte er vor Angst und Aufregung dermaßen am ganzen Leibe, dass es ihm nicht gelang, meinen kleinen mit Käseschmier überzogenen Körper festzuhalten. Ich flutschte ihm durch die Finger und landete mit einem großen Platsch in dem Kübel.
Als die Hebamme mich daraus barg und hochhielt, war das Erste, was meine Mutter ausrief: “Himmel, ist der häßlich!” Mein halber Kopf war von einem Fruchtblasenrest bedeckt, der sich über Augen und Nase gelegt hatte und mir das Aussehen eines Mutanten verlieh. Die Rückstände aus der Wanne taten ihr Übriges. “Papperlapapp, Frau Gebker” sagte die Hebamme, “das ist eine Glückshaube! Dieses Kind ist gesegnet!
Es geht um ein hässliches Kind, dem eigentlich ein Leben am Rand der Gesellschaft ins Gesicht geschrieben wurde Aus einer Glückszuschreibung der Hebammen, wird sich selbst erfüllende Prophezeiung. Dies zeigt die Autorin Regina Schleheck in ihrer Kurzgeschichte “Glückshaube”. Nachzulesen in dem kürzlich erschienenen Kurzgeschichtenband “Klappe zu – Balg tot”.
Worum geht es im Kurzgeschichtenband von Regina Schleheck?
Die in diesem Band versammelten Geschichten von Regina Schleheck behandeln Themen, die es in Presse, Funk und Fernsehen schaffen. Es sind Horrornachrichten wie die aus der Titelgeschichte „ungewolltes Kind erfriert vor der Babyklappe“, wie die vom Brudermord aus der Geschichte “Mein Frank” oder die Nachricht vom Sturz eines Mannes in das Grab seines Kindes aus der Geschichte “Sophokles ist tot”.
Regina Schlehecks Kurzgeschichten erlauben uns einen Blick auf die Geschichten hinter der Schlagzeile. In lakonischem Ton, manchmal nah am Rand der Skurilität und doch nie ihre ProtagonistInnen verratend, lässt sie uns für kurze Momente teilhaben am Dasein derer, deren Lebenswege eben nicht wirklich vom Glück gezeichnet sind. So zeigt sie, dass hinter der Frau, die ihr Kind zur Babyklappe trägt, ein Mann stehen kann, der Mutter und Kind ablehnt. Oder dass hinter dem Sohn, der seinen Bruder vermutlich mordet, eine blinde Mutterliebe steckt. Eine Mutter, die alles Handeln des auserkorenen Lieblingssohnes duldet und nichts infrage stellen lässt.
Fazit
Die in diesem 120 Seiten dünnen Band von Regina Schleheck versammelten Geschichten machen so nachdenklich, wie sie zum Lachen anregen. Eine schöne Lektüre für adventliche Wochenenden bei Kerzenschein und Glühwein. Die eine oder andere Geschichte ist durchaus dazu geeignet, im Kreis von vertrauten Menschen vorgelesen zu werden. Etwa die Geschichte “Wenn der Postbote zweimal klingelt“. Eine Schokoladenliebhaberin verwandelt den Postboten in ein Schokomännchen. Süß und absolut zum Liebhaben. Diese Geschichte sollte unbedingt im Rahmen eines Schoko-Fondue-Abends genossen werden.
Regina Schleheck: “Klappe zu – Balg tot, Bitterböse Geschichten”, Wurdack Verlag, EUR 9,95
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