„Schwanenhälse und Krähenfüße“ – Rezension
Laut Klappentext schreiben in dieser Anthologie „Schwanenhälse und Krähenfüße“ Autorinnen aus Ost und West über das weibliche Altern. Es geht um ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Älterwerden.
„Schwanenhälse und Krähenfüße“ – Rezension einer Anthologie
So unterschiedlich die Texte auch sind, sie alle eint die Suche nach dem „Wie“. Wie wird es sein oder wie werde ich sein und welche Möglichkeiten und Wege stehen mir offen? Zu oft nur wissen wir, wie wir nicht sein wollen, eher seltener, wie wir sein wollen.
27 Autorinnen lassen uns mit erfrischend geschriebenen Kurzgeschichten teilhaben an ihren Ängsten, Hoffnungen oder einfach nur Überlegungen zum Thema.
Die unterschiedlichen Sichtweisen auf „Schwanenhälse und Krähenfüße“
Da finden sich Protagonistinnen, die mit Sport, gesunder Ernährung oder einfach nur teurer Kosmetik dem Alterungsprozess den Kampf ansagen. Und andere, die, so wie wir alle, früher oder später verlieren. Es finden sich andere Figuren, denen das Altern anhand eines Körperteils zuwider ist. So wie bspw. in Ingrid Schwarz-Sevimlicans Geschichte „Der rechte Moment“. Hier geht es um das verachtete Körperteil: die eigene, faltig gewordene, von Altersflecken übersäte Hand.
Bohrender noch und für das Selbstbewusstsein verstörender sind sicher die Anmaßungen anderer im Hinblick auf das Altern des Gegenübers. Dabei ist es sicher egal, von wem die Verletzung ausgeht. Ob von einem Mann wie in Marlene Bachs „Beierleins Befreiung“, oder in Kerstin Bauers „Das hören nur junge Leute“. Eine andere Variante ist die Verletzung durch andere Frauen, z.B. der eigenen Mutter. So nachzulesen in „Die Sandwichgeneration“ von Gabriele Bensberg. Hier holt sich die Protagonistin einen Teil dessen, was ihr im Leben fehlt, von einem jungen Barkeeper.
Neben diesen überraschenden Geschichten finden sich in „Schwanenhälse und Krähenfüße“ natürlich auch die leisen, verzweifelten Geschichten. Sie stehen neben denen voller Trauer und Zorn. Da baut die eine Luftschlösser gegen das unbequeme Leben im Rollstuhl („Die Luftschlossbaumeisterin“ von Brigitte Bee). Eine andere entfernt sich von ihrem Mann so weit, dass sie ihn nur noch töten mag („Fröhliche Weihnachten, Mörder!“ von Helga Redl).
„Schwanenhälse und Krähenfüße“ bietet auch Informationen
Aufschlussreicher für alle, die wissen, was sie nicht wollen und noch nach dem Suchen, was sie wollen, sind die Kurzessays und Geschichten, die Informationen rund um den Alterungsprozess vermitteln. So z.B. „Der Jungbrunnen“ von Irene Berkenbusch-Erbe, „Altern – keine Alternative“ von Elke Elfring und „Alter als letztes Kloster“ von Sr. Teresa Tomberend OSB.
Die Kleinode von „Schwanenhälse und Krähenfüße“
In einer Anthologie wie dieser fehlen sie nicht, die literarischen Kleinode über das selbstverständliche Altern und den ganz individuellen Umgang mit den Themen des Alters. So beschreibt Mechthild Vahsen in ihrer Momentaufnahme „Besuch“ den ganz eigenen Weg einer Frau, die trotz des Verlustes ihres über Jahrzehnte geliebten Partners ihre Lebensfreude behält. Gekrönt wird diese Anthologie von der Geschichte „Der Brief“ von Käthe Vogeler-Seelig. Hier schreibt die 81-jährige Käthe an die zwanzig Jahre jüngere Johanne und zieht mit der Selbstverständlichkeit des wachen, sich seines Alters bewussten Geistes Resümee. Dies tut sie in einer Art, dass der Leserin sich die Seele öffnet und ihr ein Seufzen entsteigt: ‚Wenn ich schon alt werden muss, dann so!’
Mein Fazit zu „Schwanenhälse und Krähenfüße“
Das Resümee der Rezensentin dieses – leider – sehr dünnen Buches: Ich will mehr davon! Ich will wissen, was andere Frauen über das eigene Alter und Altern denken, was sie umtreibt und antreibt. Meine Hoffnung: Dies ist nicht die letzte Anthologie des Engelsdorfer Verlages zum Thema. Seien Sie mutig, bringen Sie mehr davon auf den Markt!
Meine Empfehlung: Unbedingt lesenswert.
Gabriele Bensberg (Hrsg.) „Schwanenhals und Krähenfüße“, Engelsdorfer Verlag 2009, Euro: 10,30
Hallo Finis Germania, ich weiß nicht, ob sie die Anthologie gelesen haben, oder einfach zu irgendeinem Beitrag einen Kommentar absetzen wollten. Ich fand die Texte gerade deswegen so gut, weil es sich aus meiner Sicht eben nicht um „dekadentes Gejammer“ handelt, sondern um ermutigende Texte zum Umgang mit dem von der Natur für uns vorgesehenen Vorgang des Alterns. Doch was für mich ermutigend ist, kann für Sie dekadent sein. Ist doch schön, dass so unterschiedliche Haltungen in unserer Welt nebeneinander stehen können. Dankeschön fürs Lesen des Beitrags.
Das ist doch bloß dekadentes Gejammer. Wie Ellen Kositza in „Das Buch im Haus nebenan“ über Irene Uhlmanns (Hrsg.) Band „Kleine Enzyklopädie. Die Frau“ schreibt (S. 62): „Hier gab es keine mißlichen Lagen und keinen Grund zu jammern (übers Älterwerden, über Diskriminierung, über Problemkinder). Es gab Herausforderungen, die bewältigt werden konnten.“