Stressabbau und Entspannung: Selbstfürsorge-Routinen, die wirklich funktionieren
Stressabbau und Entspannung durch Selbstfürsorge – gerade im Herbst ist dies enorm wichtig. Der Herbst verkürzt die Tage und dieser Wechsel bedeutet für mich immer erst einmal Stress. Der Körper muss sich umgewöhnen, an das sich verändernde Tageslicht, die länger werdenden Dunkelphasen und daran, dass es kalt ist und er wieder Schichten von Kleidung tragen muss. Ich spüre, wie mich das erst einmal belastet, ich müder bin, weniger belastbar. Tanja Rehmers Blogparade: „Strahlend durch den Tag: Meine Selbstfürsorge Routinen im Alltag“ gab mir den kleinen Piks, noch einmal genau darüber nachzudenken. Wie halte ich es eigentlich mit dem Thema Stressabbau und Entspannung durch Selbstfürsorge-Routinen? Und was passiert mit mir, wenn ich genau das wieder einmal vergesse?
Über Tipps für mehr Selbstfürsorge habe ich ja schon geschrieben, doch wie sieht es da eigentlich gerade bei mir selbst aus?
Was ich unter Selbstfürsorge verstehe
Stressabbau und Entspannung durch Selbstfürsorge, das bedeutet, gut auf mich selbst aufzupassen, mich selbst liebevoll zu behandeln, mir Zeit für Dinge zu nehmen, die mir Freude machen, und auf meinen Körper und meine Gefühle zu achten.
Das alles liest sich, wie etwas Selbstverständliches, doch für Menschen wie mich, die früh in ihrem Leben Opfer sexueller Gewalt waren, ist nichts davon selbstverständlich. Denn ich habe nicht gelernt, auf die eigenen Bedürfnisse, weder psychisch noch physisch, zu achten. Stattdessen habe ich gelernt, meine eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu unterdrücken, um mich in der Umgebung, in der der Missbrauch stattgefunden hat, zu schützen und mich anzupassen. Deshalb wusste ich auch lange Zeit nichts mit dem Begriff Selbstfürsorge anzufangen. Ich durfte die Bedeutung von Selbstfürsorge im erwachsenen Alter lernen. Doch was habe ich da eigentlich gelernt?
Auf die Basics heruntergebrochen, heißt das:
- Bin ich müde, ist es wichtig, genug Schlaf zu bekommen, weil mein Körper dann ruhen muss, um gesund und stark zu bleiben.
- Habe ich Hunger, sollte ich gesunde Nahrung essen, damit mein Körper die Energie bekommt, die er braucht.
- Fühle ich mich gestresst oder ärgerlich, ist es wichtig, freundlich zu mir selbst zu sein und mich selbst so zu akzeptieren, wie ich bin.
- Wenn ich wieder einmal zu viel arbeite, nicht zu vergessen, Dinge zu tun, die mich glücklich und mir Spaß machen.
- Bei Überforderung, aus welchen Gründen auch immer, suche ich mir Hilfe und Unterstützung.
Das sind meine Selbstfürsorge-Routinen für Stressabbau und Entspannung
- Alleinzeit: Ich verbringe viel Zeit mit mir allein, ohne Ablenkungen – das meint Fernsehen oder Musik -, weil ich so meine Gedanken ordnen und zur Ruhe kommen kann. Einfach nur sitzen, im Zimmer oder auf einer Parkbank.
- Selbstreflexion: Das Schreiben hier auf dem Blog oder in meinem Tagebuch hilft mir, meine Gefühle und Gedanken zu überprüfen und Sichtweisen zu korrigieren.
- Selbstakzeptanz und Selbstmitgefühl: Mich selbst annehmen und liebevoll mit mir umgehen, unabhängig von Fehlern, die mir passiert sind oder Schwächen, die ich mir mal wieder vorwerfe.
- Grenzen setzen: „Nein“ zu sagen ist für mich ein Aspekt des respektvollen Umgangs mit mir selbst, aber auch mit der Person, mit der ich es gerade zu tun habe. Mein „Nein“ ist niemals ein „Nein“ meiner Person oder der anderen Person gegenüber, sondern es ist ein „Nein“ gegenüber einem Wunsch oder einem Sachverhalt.
- Lachen und Freude: Liebevoll über mich selbst Lachen, ein gemeinsames Lachen mit anderen über eine Situation oder einfach aus Freude, das gehört unbedingt in meinen Tag.
- Achtsamkeit und Meditation: Ich schaffe mir achtsame Momente, indem ich innehalte, das Licht und die Luft genieße, die Farben der Natur, Vogelstimmen lausche oder mich auf das Tempo meiner Enkelin einlasse. Meditation nutze ich mehrmals in der Woche, um in mich hineinzulauschen.
- Soziale Interaktion: Sooft es mir möglich ist, verbringe ich Zeit mit Freunden und Familie, aber auch die sozialen Kontakte im beruflichen Umfeld sind mir wichtig.
- Entspannungstechniken: Hier nutze ich vor allem Atemtechniken, an stressigen Tagen auch mehrmals. Da hilft meine Uhr, dort kann ich einstellen, wie viele Atemzüge pro Minute ich bewusst nehmen will.
- Hobbys und Interessen: Schreiben, Lesen, Malen, Fotografieren sind Tätigkeiten, bei denen ich ganz in mir versinken kann.
- Sport und Bewegung: Regelmäßige Spaziergänge in der Natur, trägt dazu bei und Dehnungsübungen helfen mir, die Stimmung zu heben.
So wirkt sich mangelnde Selbstfürsorge auf mein Leben aus
All diese Dinge, Techniken habe ich in meines Tages- bzw. Wochenrhythmus integriert. Seit ich mir bewusst Pausen dafür schaffe, Zeit im Kalender blogge, weiß ich, wie das funktioniert mit Stressabbau und Entspannung. Doch was nützt mir das Wissen in Momenten, in denen sich Termine und Aufgaben scheinbar nur durch Alltagsdissoziation bewältigbar erscheinen?
Es gibt Tage, aus denen, wenn ich nicht auf mich aufpasse. Zum Glück werden aus den Tagen nur noch selten Wochen, in denen ein Termin den anderen jagt und ich mich mit Arbeit zuschütte. Weil ich trotzdem täglich etwas für meine Selbstständigkeit tun will oder für den HP Psych lerne. Dann falle ich schnell in alte Trauma-Muster.
- Obwohl ich müde bin, halte ich mich nachts wach, bis auch die letzte Aufgabe, die ich mir für den Tag vorgenommen habe, erledigt ist.
- Im Ergebnis fehlt mir nach 3 bis 4 Stunden Schlaf die Zeit, die ich morgens nach dem Aufstehen benötige, um zu mir zu kommen, Tagebuch zu schreiben, Dehnungsübungen zu machen.
- Schlimmstenfalls – wenn ich bis 4 oder 5 Uhr gearbeitet habe – schlafe ich für 2 bis 3 Stunden in die Badewanne. Das hilft mir, die Aufgaben des Folgetages bewältigen zu können, für meine Haut, die durch jahrelangen Waschzwang ohnehin aus dem Gleichgewicht ist, sind diese Badesessions jedoch Gift.
- Ich esse nur nebenbei und überhöre die Signale – knurrender Bauch, Kopfschmerz – die mein Körper mir sendet.
- Am Zustand meiner Wohnung kann ich den Zustand der inneren Verwahrlosung ablesen.
- Vereinbarte Treffen mit Freundinnen oder auch mit Andreas mutieren zur Belastung, obwohl meine nahen Beziehungen einen großen Stellenwert in meinem Leben haben.
- Der Kontakt mit mir selbst geht verloren, ich habe meine Emotionen ausgeschaltet und im Ergebnis bin ich anfällig für Selbstzweifel, Minderwertigkeitsgefühle und depressive Verstimmungen. Die alten Trauma-Muster schlagen wieder zu.
Manchmal hilft nur die Notbremse, um zurück zu meinen Selbstfürsorge-Routinen zu finden
Was damals, in meiner Jugend und im jungen Erwachsenenleben noch Wochen oder Monate andauerte, kann ich heute nach Tagen unterbrechen. Im Unterschied zu früher, wache ich heute schneller auf und erkenne, wie ich gerade die eigenen Bedürfnisse vernachlässige. Dann hilft oft nur eine Notbremse, ein harter Stopp, um diesen Kreislauf zu durchbrechen. In dem Moment, in dem ich mir der Eigenvernachlässigung bewusst werde, habe ich drei Varianten, von Notbremse.
Der erste Schritt ist immer die Überprüfung, wie tief ich schon in den alten Mustern stecke. Das geht über eine kurze Analyse. Ich überprüfe den Zustand meines Körpers, den Zustand meiner Wohnung, schätze die Dauer, die ich schon in diesem Zustand verbringe. Im Anschluss entscheide ich mich für eine Variante meiner Notbremsen.
Variante 1 – alles noch ganz frisch
Erkenne ich sehr frühzeitig, auf welchem Pfad ich mich gerade befinde, überprüfe ich: Welche Termine stehen an? Wozu habe ich mich selbst verpflichtet? Termine und Aufgaben fahre ich auf ein Minimum herunter. Die anderen Termine und Aufgaben verschiebe ich. Dafür trage ich mir in die freien Zeiten ein, was ich für mich stattdessen tun will. Spazieren gehen, Sport, Massage, Lesen, zeitig schlafen, viele Atemübungen. So gelingt es mir, wieder in den achtsamen Lebensmodus zurückzufinden.
Variante 2 – die alten Muster dominieren schon
Ich stecke schon fest in den alten Mustern, fühle mich aber bislang nicht erschöpft davon. Das Vorgehen beinhaltet Variante 1.
An dem Tag, an dem es mir auffällt, und für den Folgetag, sage ich alle Termine ab. Auch alle Vorhaben für das folgende Wochenende. Denn ich brauche diese Zeit, um mit mir mittels Meditation und Embodimentübungen, zu arbeiten. Auch das gehört zu den alten Trauma-Mustern, ich habe Scham- und Schuldgefühle, dass ich wieder in diese Spirale hineingerutscht bin. Hier hilft mir ein Wochenende, in dem ich mir gut zurede und mich um mich selbst kümmere.
Variante 3 – Depression im Anmarsch
Diese Variante ist für mich die unangenehmste, weil hierbei auch das Umfeld von meinem Zustand erfährt. Doch ich habe gelernt: Es gibt niemanden, der auf mich achtet, wenn ich es nicht mache. (Und wenn es doch jemanden gibt, dann reagiere ich eher genervt auf diese Besorgnis.) Bedeutet: Ich habe nicht auf mich geachtet, also muss ich mit den Konsequenzen umgehen. Wenn ich mich so weit von mir entfernt habe, lasse ich alles fallen. Ich setze die Anforderungen an mich auf null. Heißt, ich lasse mich krankschreiben, und zwar so lange, bis ich meine Selbstfürsorge-Routinen wieder integriert habe. In der Regel dauert das dann ein bis 3 Wochen.
Zum Schluss
Ich hoffe, meine Routinen helfen dir dabei eigene zu entwickeln und so selbst erfolgreich Stressabbau und Entspannung durch Selbstfürsorge praktizieren zu lernen. Es ist anfangs ungewohnt, doch wenn du dranbleibst, erlebst du einen wunderbaren Prozess, der das Leben leichter macht und freudvoller!
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Herzliche Grüße
Liebe Sylvia,
ich gebe zu, ich hatte Gänsehaut beim Lesen, weil Deine Geschichte mich tief in mir berührt hat. Ich bewundere deine Offenheit und Deinen Mut. Du schaffst es anderen Menschen, die änliches erfahren haben Mut zuzusprechen und zeigst, dass jeder Mensch es wert ist sich selbst zu lieben. Danke dafür.
Liebe Grüße
Anja
Einfach nur Danke, liebe Gaby. LG Sylvia
Danke liebe Birgit. Genau darum geht es mir auch Inspiration sein für den eigenen Weg. Ich freue mich sehr, wenn es so ankommt. LG Sylvia
Liebe Sylvia.
ich danke dir sehr für diesen offenen Beitrag. An so vielen Stellen habe ich mich wiedererkannt und lieb von dir erinnert gefühlt, dass ich immer gut auf mich aufpassen darf.
Gut das es dich gibt.
Gaby
Liebe Sylvia,
ich bewundere deine Offenheit. Ganz offensichtlich hast du inzwischen gelernt auf dich selbst aufzupassen und dich auch mit deinen Schwächen anzunehmen. So kannst du für viele eine Inspiration sein, ich danke dir dafür.
Herzlichst, birgit
Liebe Wilhelmine, ganz herzlichen Dank für diesen Kommentar. Das berührt mich sehr und motiviert mich zum Weiterschreiben. Weil ich genau das beabsichtige: Sprachrohr sein für Menschen, die in Bezug auf das, was ihnen widerfahren ist, noch keine eigenen Worte haben, Mut machen, dass es sich lohnt, den eigenen Weg zu gehen und Wege aufzeigen, wie das machbar ist. Deshalb hilft mir deine Rückmeldung sehr, weil ich so weiß, ich bin auf dem richtigen Weg. Liebe Grüße Sylvia
Liebe Sylvia,
ich bin zutiefst berührt von deinem neuen Blogeintrag. Ich weine einige Tränen der Berührung und Erleichterung beim Lesen deiner Zeilen.
Ich finde mich in so Vielem wieder, was du wahrhaftig, tiefgreifend und von Herzen von dir selbst schreibst und es tut mir unglaublich gut, dass es einen Menschen gibt, der das ausspricht und in Worte fasst, was ich selbst denke und fühle und wofür mir in meinem Leben oft die eigenen Worte fehlen. Deine Zeilen geben mir Mut und Kraft Selbstliebe und Selbstwirksamkeit zu entwickeln und für mich selbst einzustehen. Deine Zeilen geben mir auch Kraft eigene schwere, mühsame Tage mit einem sanfteren Gefühl zu mir selbst zu betrachten.
Ich liebe deine Blogeinträge und lese sie sehr gern. Sie sind eine tiefgreifende Bereicherung in meinem Alltag.
Sie geben mir Hilfe zur Selbsthilfe.
Ich persönlich habe oft das Gefühl, dass du durch deine Worte meinem
Unaussprechbarem eine Stimme gibst. Dafür bin ich sehr dankbar! ??
Ich danke dir sehr für dein Sein und Wirken!
Ganz liebe, herzliche Grüße Wilhelmine H.