Wie mein Blog sich im Lauf der Zeit gewandelt hat

Was hast du eigentlich mit dem Bloggen? Diese Frage stellen mir immer wieder einmal Freund:innen und Bekannte. Angeregt von Judith Peters Blogbeitrag über ihren ersten Blogartikel, folge ich in diesem Beitrag meiner Spur als Bloggerin. Die begann im Mai 2007. Die 2000er-Jahre waren für mich in vielerlei Hinsicht spannend. Das Kind in der Pubertät, Studium beendet, die Ausbildung zur systemischen Therapeutin beendet und endlich Fuß gefasst im Berufsleben. Obwohl so viel Gutes passierte, ich war nicht zufrieden.

Etwas fehlte. Mir fehlte das Schreiben. Die Zeit und Motivation reichte immer mal sporadisch für ein Gedicht, für eine Kurzgeschichte, aber ich wollte mehr. Ich war zu dieser Zeit sehr Internetaffin, recherchierte viel und genoss die Unendlichkeit an Wissen, die sich im www verbarg und verbirgt. Immer wieder stolperte ich dabei über Blogs von anderen. Da fanden sich Literaturblogs, Fotografieblogs, Tagebuchblogs und ich wusste sehr bald: Das will ich auch, und zwar genau diesen Bauchladen an Themenvielfalt.

Mein erster Blog war ein tatmoor

Lars, mein damaliger Freund und Wegbegleiter, erfüllte mir meinen Traum und schaffte die technischen Voraussetzungen für meinen ersten Blog. Der Blog war gleichzeitig die Startseite und außer dem Impressum und Datenschutz gab es keine weiteren Seiten. Ein Titel war gefragt und ich entschied mich für tatmoor. Die Tat stand dabei für die Bewegung, das Tun, das Schreiben. Das Moor symbolisierte für mich den heilsamen Rückzugsort. Wie ich später erfuhr, ist es leider auch ein sehr gefährdeter Ort. Heilsam, weil Moore ein ursprünglicher Schutzraum für seltene Pflanzen und Tiere sind. Gefährdet, weil der Mensch weltweit 90 Prozent aller Moore trockengelegt hat. Für mich war das zum damaligen Zeitpunkt ein Sinnbild meines Lebens – Handeln auf Heilung ausgerichtet. Damals noch auf meine eigene Heilung.

Am 01.05.2007 veröffentlichte ich meinen ersten Blogartikel auf tatmoor mit dem Titel „Auf die Welt kommen“. Ich beschreibe meinen ersten Tandem-Fallschirmsprung. Die Doppeldeutigkeit des Titels ist mir erst heute bewusst. Mit diesem ersten Blogartikel bin ich in der digitalen Welt gelandet und habe einen ersten Fußabdruck hinterlassen. Ob diesen Artikel jemals jemand gelesen hat, außer denen, die ich persönlich darüber informiert habe, ich weiß es nicht. Das spielte damals für mich auch keine Rolle. Ich behandelte meinen Blog lange Zeit, als würde ich gar nicht für andere schreiben, sondern nur für mich.

Ein richtungsloser Blog

In den Jahren 2007 bis 2021 führte ich diesen Blog sporadisch. Ich konnte mich nicht entscheiden, welche Richtung ich ihm geben wollte. Sollte es ein Blog für meine Gedanken und Ideen sein? Oder ein Blog für Buchrezensionen? Oder vielleicht noch lieber mein Medium der Wahl für die Veröffentlichung meiner Gedichte und kurzen Prosatexte? Aber was mache ich dann, wenn ich mal etwas Fachliches schreibe, das passt dann ja nicht. Letztendlich habe ich all das auf diesem einen Blog veröffentlicht. Das war weniger Kalkül, als eher der Tatsache geschuldet, dass ich keine 3 oder 4 Blogs verwalten mochte – ich fand den einen ja schon anstrengend. Wie ich heute weiß, war das Anstrengende daran die Ziellosigkeit meines Blogs. Ich wusste nicht so recht, was ich da eigentlich tat – außer schreiben. Das änderte sich 2019, als ich zum ersten Mal die Entscheidung traf, mich als Therapeutin / Coach selbstständig zu machen.

Bloggen, um Kund:innen zu gewinnen

Von einem Tag auf den anderen fand ich tatmoor nicht mehr attraktiv genug. Die Texte wurden fachlicher und ich dachte fachlich = seriös. Wenn ich über den Blog Kundinnen finden möchte, dann muss das doch ganz fein und schick aussehen und nicht wie so ein kunterbunter Haufen Text. Das alte Layout hatte nach 12 Jahren ausgedient. Ich suchte und fand Unterstützung. Für kleines Geld erhielt ich ein neues Layout, das mir gefiel. Der Pferdefuß daran, es ist unglaublich schwer, dieses Layout zu bedienen. Inzwischen weiß ich, dass ich da wohl eine der Diven unter den Themes abbekommen habe.

Ab April 2021 blogge ich regelmäßiger. Ich habe Judith Peters entdeckt und nehme an ihrer Challenge „BoomBoomBlog“ teil. Judiths Begeisterung fürs Bloggen ist ansteckend. Klar, das ist ihr Business anderen das Bloggen zu vermitteln, aber hey, es ist ihr Herzensbusiness und deshalb ist ihre Energie so ansteckend. Es sollten noch 3 oder 4 kostenfreie Challenges von Judith vergehen, bis ich mich im Sommer 2023 endlich dazu entschied, ihrer Community „The Content Society“ beizutreten. Das war der Gamechanger für mich. Doch erst einmal blieb es bei der einen Challenge – ganz am Rande: egal welche Challenge Judith kostenfrei anbietet, es ist immer eine Art Rundum-sorglos-Paket. Du reichst ihr den kleinen Finger, indem du mitmachst und Judith reicht dir dafür die ganze Hand. (Falls du dich gerade fragst: Nein, Judith bezahlt mich nicht fürs Lobpreisen, das ist ganz allein meiner Begeisterung für ihre Angebote geschuldet.)

Ich bloggte mehr, regelmäßiger und mit viel Freude, aber meine Fixierung auf Kundinnen gewinnen machte mich mürbe. Blogge ich das Richtige? Ist das, was ich schreibe, für potenzielle Kundinnen interessant genug? Ich setzte mich derart unter Druck, dass das Bloggen immer mehr zu einem ungeliebten Muss wurde.

Der Wandel in meinem Kopf – Ich blogge, weil ich das Schreiben liebe

Seit Sommer 2023 bin ich in der TCS von Judith Peters und ich kann sagen, sie hat recht. Schon so oft habe ich von ihr den Satz gehört „Mit dem Bloggen kommt die Klarheit.“ Bei mir kam die Klarheit sogar in zwei Bereichen: Ich weiß jetzt, wofür und wie ich blogge UND ich weiß, wohin ich mit meiner Selbstständigkeit will.

Wofür und wie ich blogge

In erster Linie blogge ich für mich, für die eigene Freude am Schreiben. Früher wollte ich Schriftstellerin werden, dafür war ich nicht mutig genug.

Heute bin ich Bloggerin. Als Anbieterin von Coaching blogge ich über Themen, die mit meiner Tätigkeit als systemische Therapeutin und traumasensibler Coach zu tun haben. Dabei orientiere ich mich an dem, was ich zu Beginn der Aufarbeitung und Transformation meiner Traumata vermisst habe. Themen, über die nicht gesprochen, gebloggt wurde. Das alles gibt es heute und eine Zeit lang hat mich das davon abgehalten, über das Thema Trauma zu schreiben. Doch genau diese subjektive Färbung des Themas spricht meine Leser:innen an. Auch über Literatur und über meine Sicht auf die Welt blogge ich. Dadurch wird der Mensch Sylvia sichtbar, nicht nur die Expertin für Trauma und Familie.

Judith nennt das die „dynamische Bloggerin“. Das Schreiben und nicht die Technik oder das Business steht im Vordergrund. Nur in einem Punkt unterscheide ich mich wohl von den dynamischen Bloggerinnen: sie schreiben oft kurze Texte, meine sind häufig episch = lang. Kurz kann ich (noch) nicht.
Damit habe ich für mich auch mein Ziel für den Blog definiert: Meine Leser:innen sollen sich auf meinem Blog so wohl und sicher fühlen, als hätte ich sie zu mir nach Hause eingeladen. Sie können sich umschauen, ein Buch – in diesem Falle einen Text, der sie interessiert aus dem Regal ziehen, sich in einen Sessel setzen und lesen. Gern können wir uns auch über die Texte austauschen, ins Gespräch miteinander kommen.

Aufstehen und in Würde strahlen!

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Wohin ich mit meiner Selbstständigkeit will

Das regelmäßige Bloggen hat mir auch Klarheit darüber gebracht, wohin ich mit meiner Selbstständigkeit will. Anfangs dachte ich, ich will vor allem eins: selbstständig arbeiten. Im Verlauf der 3 Jahre, in denen ich jetzt intensiver blogge und mich mit meinem Business auseinandergesetzt habe, sind mir mehrere Punkte klar geworden. Ich liebe die Arbeit in der WG-Walter. Die Arbeit mit den Kindern, aber auch die, mit den Kolleg:innen. Wenn ich in Rente gehe, sind alle Kinder, die im Juni 2016 eingezogen sind, 18 Jahre alt. Ich habe sie dann den Großteil ihrer Kindheit und Jugend begleitet. Das war mein Ziel, als ich die WG 2016 als Leiterin eröffnet habe. Im zweiten Bereich meiner Tätigkeit in der Jugendhilfe – meiner Arbeit als systemische Familientherapeutin –  bin ich fest verwurzelt. Hier ist es vor allem mein Freund und Co-Therapeut Daniel. Dieses blinde Vertrauen, das Pingpong-Spiel in der gemeinsamen Arbeit möchte ich ebenfalls nicht missen.

Warum dann also noch die selbstständige Tätigkeit? Das hat mehrere Gründe. Mir begegnen im Rahmen der Festanstellung täglich Menschen, die aufgrund von negativen Kindheitserfahrungen in traumatischen Mustern feststecken. Ich sehe also, wie hoch der Bedarf an der Verarbeitung von Traumata ist. Zum anderen möchte ich mit meiner Arbeit vor allem Frauen unterstützen, die in ihrer Kindheit / Jugend sexuelle Gewalt erfahren haben. Einfach weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer es ist, auf diesem Erfahrungshintergrund den Weg in ein freies und selbstbestimmtes Leben zu finden und sich die eigene Portion Lebensglück zu schenken. Doch ich bin ehrlich, natürlich gibt es auch den Aspekt, dass ich wenigstens in einem Teil meiner Arbeit angemessen bezahlt werden möchte. Es geht mir nicht darum, reich zu werden, aber ein paar Träume habe ich noch und die kann ich mir vom Gehalt in der Jugendhilfe nicht verwirklichen.

Mein Blog-Versprechen

Seit 2007 gibt es meinen Blog. Auch wenn er heute meinen Namen trägt, und ich einige alte Beiträge in einem Artikel zusammengefasst habe, findest du noch alles, was ich jemals hier veröffentlicht habe, auf diesem Blog. Die meisten dieser alten Texte findest du unter der Kategorie Literatur. Insgesamt gibt es meinen Blog also schon seit 17 Jahren. Ich bin mir sicher, das Layout wird sich noch ein paar Mal verändern, auch, weil ich gern mit einem Theme arbeiten möchte, welches leichter für mich zu bedienen ist. Doch eines weiß ich, solange ich noch eine Maus und die Tastatur bedienen kann, solange werde ich bloggen. Einfach, weil es mir Freude macht und Freude ist die Basis für glückliche Momente. Und davon will ich noch ganz viele. Heißt für dich: wenn du magst, bleiben wir hier verbunden und werden zusammen alt.

7 Kommentare

  1. Sylvia Tornau 23. Februar 2024 um 17:53 Uhr

    Lieber Heiko, danke für deine Rückmeldung. Die Ähnlichkeiten würden mich ja sehr interessieren :-). LG Sylvia

  2. Heiko Metz 21. Februar 2024 um 13:36 Uhr

    Hallo Sylvia,
    vielen Dank für diesen spannenden Einblick in deinen Blog-Werdegang. Ich kann bei einigen Punkten ganz Ähnliches berichten und finde deine Liebe zum Schreiben inspirierend.
    Und dein Blogversprechen gefällt mir ausgesprochen gut!
    Heiko

  3. Kerstin Salvador 19. Februar 2024 um 11:46 Uhr

    Wow, so lange bloggst du schon? 17 Jahre, wirklich beachtlich! Chapeau! So spannend, die Geschichte deines Blogs zu lesen und wie er sich entwickelt hat. Finde ich super, dass du deine alten Blogartikel ebenfalls auf deinem Blog lesbar hältst. Denn sie sind ein Teil von dir und deinem Weg zur dynamischen Bloggerin.
    Herzliche Grüße
    Kerstin

  4. Sylvia Tornau 19. Februar 2024 um 10:11 Uhr

    Danke für deine Rückmeldung, liebe Birgit. Über den Schlusssatz freue ich mich auch sehr, der beschwingt mich geradezu. 🙂

  5. Sylvia Tornau 19. Februar 2024 um 10:09 Uhr

    Hach liebe Gesa, dem „Maus“-Alter bin ich zum Glück lange entwachsen 🙂 und über die Schriftstellerin habe ich mir gefühlt Jahrzehnte den Kopf durchwühlt. Danke für deinen Kommentar.

  6. Birgit Elke Ising 19. Februar 2024 um 07:43 Uhr

    Hach, liebe Sylvia. Ich liebe diesen Artikel, zeigt er doch mutig Deinen ganz persönlichen Schreibweg in ein so wichtiges Thema über das noch immer nicht genug und öffentlich genug gesprochen wird. Danke dafür. Und ich mag den Schlussatz. Sehr sehr schön. Alles Liebe
    Birgit

  7. Gesa 19. Februar 2024 um 07:16 Uhr

    „dass das Bloggen immer mehr zu einer ungeliebten Maus wurde“ las ich gerade, statt… Und gerade sinne ich über das Wort ‚Schriftstellerin‘ nach …

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Hallo, ich bin Sylvia

systemische Therapeutin, Trauma-Coach und Bloggerin. Seit über 20 Jahren arbeite ich mit Paaren, Familien und Einzelpersonen daran, negative Kindheitsprägungen und frühe Traumata zu lösen und ein Leben voller Selbstvertrauen, innerem Frieden und emotionaler Stabilität zu führen.
Für ein erfülltes Leben in Verbundenheit.

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